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Praxiserfahrungen mit dem neuen »E-Finder«

Zwei Wochen nach der Eurobike haben wir die beiden Prototypen samt neuem Shimano Steps-Motor in den Camper gepackt und zum »Badeurlaub« nach Kroatien mitgenommen.

Für den Chronisten und bisherigen E-Bike-Abstinenzler eine neue Situation, denn auch beim Badeurlaub gehört das Radfahren dazu und ob das mit dem E-Finder wohl gut gehen wird…

In unserem Camper gibt es allerdings nur Platz für zwei Räder, also keine Chance, eines der bewährten Gefährten mitzunehmen. Einziger Trost, wir hatten eh nur acht freie Tage, die übersteht man zur Not auch mit einem E-Bike ;-)

Tag 1 – Erste Fahrversuche

Schamhaft rollen wir mit abgestelltem Motor vom Campingplatz, um die unzähligen Schotterwege zwischen Punta Criza und Osor zu erkunden. Schon auf der schmalen Asphaltstraße, die in Wellen auf 130 Meter steigt, zeigt sich, dass selbst die niedrigste Eco-Stufe völlig ausreicht um moderate Steigungen hinauf zu fliegen. Dennoch fühle ich mich nach zehn Kilometern irgendwie ausgepumpt. Der Grund dafür: ich versuche selbst berghoch über der 25 km/h-Schwelle zu bleiben, da hier der Motor abregelt… Oh je, dass kann ja was werden und sehne mich nach einem »richtigen« Fahrrad.

Mit der Zeit lerne ich jedoch, nicht mehr gegen den Motor zu kämpfen, sondern bleibe bei leichten Steigungen einfach unter 25 km/h und habe dadurch plötzlich viel mehr Energie, um auf der Ebene, bzw. bei leichtem Gefälle, spielerisch über die 25 km/h zu kommen. Ähnlich verhält es sich auf den Schotterwegen, wobei ich dort den Motor sogar häufig ausstelle, da 20 bis 25 km/h zum Schauen und Genießen oft zu schnell sind. Nach knapp 40 Kilometern ist die Bilanz in jedem Fall nicht mehr tiefschwarz, sondern mittelgrau.

Ein ausgesprochen positiver Effekt hat sich allerdings schon nach der ersten Ausfahrt eingestellt, meine Frau Patricia und ich sind gleichauf unterwegs. Die Erklärung dafür ist recht einfach; meine bessere Fitness wird beim E-Bike durch mein 35 Kilogramm höheres Körpergewicht quasi egalisiert :-/

Tag 2 – Erste Geländeversuche

Dieses Mal läuft es schon besser auf der so vertrauten Anfahrtsstrecke, sprich locker-flockig geht’s in Richtung Osor bis zu einem Abzweig in die Macchia. Schön und etwas abenteuerlich ist es dort, was fehlt sind echte Steigungen. Die ebenen Streckenabschnitte und sogar sanften Anstiege lassen sich bequem im Eco-Modus bzw. auch ohne Motorunterstützung fahren.

Dennoch kommen wir immer wieder an unsere Grenzen, denn die Qualität der Nebenwege ist in keinster Weise mit unseren Forst- und Landwirtschaftswegen zu vergleichen. Die Körnung reicht von feinem Sand bis Geröll, gerne auch von Fels oder Unterholz durchsetzt. Zumindest rein theoretisch könnte man da mit Karacho d’rüberbrettern, denn in der Boost-Unterstützung schiebt einen der Motor auch über gröbste Hindernisse. Entweder bis zum Laufrad-Totalschaden oder Abflug… Wir finden uns damit ab, dass ein ungefedertes Rad auch auch mit B-Plus-Bereifung einfach seine Grenzen hat und schieben oder kehren um.

Tag 3 – Reichweite und Tempo

Patricia steht der Sinn nach einem Fahrrad-Ruhetag, also versuche ich mich an einer kleinen Gewalt-Tour auf Asphalt. Mein Ziel ist eine kleine Bucht, zirka 35 Kilometer und 500 Höhenmeter vom Campingplatz entfernt. Bisher habe ich die Insel-Magistrale zum Radfahren immer gemieden, denn Wind, Verkehr und die zum Teil zehn Prozent steilen Anstiege laden nicht gerade zu einer Hin-und Zurücktour ein.

Ganz anders mit dem E-Finder. Selbst die steilen Asphaltrampen geht es zügig hinauf, wobei ich mich durchaus richtig anstrengen muss, um das Tempo zwischen 15 und 20 km/h zu halten. Die Straße zieht sich in vielen Wellen über den Inselrücken, mit Gegenwind eine ziemliche Plackerei, auf dem E-Finder fast schon ein Genuss. Ehe ich mich versehe, stehe ich an der malerischen Bucht von Koromačna und werde als Radfahrer von den Badegästen etwas ungläubig bestaunt, denn die Straße fällt zum Schluss fast senkrecht ins Meer. Daher benutze ich bei der Rückfahrt und knapp 30 Grad im Schatten erstmals den Boostmodus. Whow! – Unglaublich wie dauerhaft kraftvoll der Motor selbst solche Steigungen entschärft und das Systemgewicht von 130 Kilogramm (mit) nach oben schiebt.

Nach zweieinhalb Stunden Fahrzeit bin ich wieder zurück und habe zirka 60 Prozent der Akkuladung verbraucht, bin einen 28er Schnitt und zirka 1.000 Höhenmeter gefahren. Ich fühle mich angenehm verausgabt aber nicht abgekämpft und wir gehen eine Runde schwimmen.

Tag 4 – Gipfelsturm

Letztes Jahr hatten wir eine ganz wunderbare Wanderung auf die höchste Erhebung der Insel, den 588 Meter hohen Televrina unternommen. Dabei haben wir gesehen, dass nicht nur anspruchsvolle Wanderpfade zum Gipfel führen, sondern sich von Osor eine raue Schotterpiste hinauf schlängelt. Mit einem Speedster und zwei-Zoll-Reifen unfahrbar, mal sehen wie es uns nun mit dem E-Finder ergehen wird.

Die 17 Kilometer Anfahrt vom Campingplatz sind ideal zum Warmfahren und dann geht es auch schnell zur Sache. Denn, die 580 Höhenmeter verteilen sich nicht gleichmäßig auf die 10 Kilometer lange Strecke, vielmehr gibt es Zwischenabfahrten, Flachstücke und zum Ausgleich jede Menge Steilstücke. Selbstredend ist die Schotterpiste an den steilen Stellen und in den engen Kurven besonders zerwühlt und erst mit drastisch reduziertem Luftdruck (zirka 0,6 bar) in unseren SuperMoto-Reifen werden diese Passagen überhaupt fahrbar.

Trotz der Motorunterstützung ist der Anstieg eine ganz schöne Herausforderung. Da wir den E-Finder noch nie auf einem so langen und harten Anstieg eingesetzt haben, wussten wir natürlich nicht, wie sehr eine solche Belastung den Akku leer saugen wird. Daher sind wir überwiegend in der geringsten Unterstützungsstufe gefahren, um schließlich mit müden Beinen, aber mit 60 Prozent Akku-Kapazität oben anzukommen. Immerhin konnten wir so völlig unbeschwert – Stichwort »Reichweitenangst« – die Aussicht genießen ;-)

Auf der Abfahrt ist das höhere Fahrradgewicht des E-Finder deutlich spürbar und in den besonders groben Passagen wünscht man sich eine Federgabel oder gar Vollfederung. Wir sind dennoch ohne glimpfliche Situationen oder gar einem Sturz gut nach unten gekommen (trotz Abfahrtsbier in der »Berghütte) und konnten auf der Asphaltstrecke zurück zum Campingplatz einmal mehr die wunderbaren Roller-Qualitäten des E-Finders genießen.

Tag 5 – Versorgungsfahrt

Der Supermarkt auf unserem Campingplatz hatte leider das planwirtschaftliche Erbe der Tito-Ära noch nicht abgelegt, sprich »Frischware« kam erst dann in die Theke, wenn sie vergammelt war. Also zwei Packtaschen an den Finder eingehängt und die 20 Kilometer zum einzig guten Supermarkt in Nerezine gebrettert. Eine Cappucino-Pause an der Hafenbar und dann mit 15 Kilogramm Einkauf völlig unbeschwert wieder zurück. – Auch als Lastesel und Versorgungsfahrzeug konnte der E-Finder überzeugen.

Tag 6 – Der Wasserweg

Unser letzter Urlaubstag begann mit einigen kräftigen Regenschauern. Saublöd, denn wir hatten uns eine weitere aussichtsreiche, aber auch recht anspruchsvolle Strecke ausgesucht, den sogenannten »Wasserweg« von Cres zum venezianisch geprägtem Bilderbuch-Städtchen Valun, mit einem Schlenker hinauf ins Piratennest Lubenice.

Zuerst geht der noch ganz passable Weg durch herrliche Olivengärten, um dann im steten Auf und Ab in die Wälder der Inselnordseite einzutauchen. Nach einem Drittel der Strecke wird der Untergrund immer gröber und die Anstiege länger und steiler, jeweils mit einer kapitalen »Pfütze« im Tiefpunkt. Die erste und zweite Pützen-Durchquerung ist ja noch ganz spannend, irgendwann wird es aber lästig, denn weder wissen wir, wie unsere unter Wasser gesetzten E-Motoren das vertragen, noch ist man vor Überraschungen in der braun-trüben Brühe gefeit.

So sind wir nicht unglücklich, als wir wieder auf eine richtige Straße kommen, auch wenn es nun auf einspurigen Teersträßchen steil hinauf geht. Kurz vor Lubenice wird der Weg nochmals richtig grob und schwierig zu fahren und so sind wir schließlich froh das sieben-Einwohner-Dorf ohne Sturz und Blessuren zu erreichen.

Der Parkplatz vor dem pittoresken Ort ist, wie zu erwarten, voller Autos. Vor einem Jahr waren wir ebenfalls mit dem Auto da, jetzt mit dem E-Finder fühlt es sich einfach besser an, denn Weg und Ziel sind ein Ganzes.

Da wir auf Schotter-und-Geröll keine Lust mehr hatten, nehmen wir die einspurige Verbindungsstraße. Während man sich mit dem Auto auf diesen schmalen und kurvigen Sträßchen vorsichtig voran tasten muss – links sind Steinmauern, rechts sind Steinmauer – können wir es richtig laufen lassen. Im winzigen Örtchen Podol kommen wir am handgeschriebenen »Feigen-Eis« Schild nicht vorbei.

Hier bietet die österreichische Autorin Claudia Heckl auf ihrer »Hausbank« selbst gemachtes Eis und Kuchen an und organisiert sowie führt Inselwanderungen. Wir lassen uns zu Eis und Kuchen »überreden«, schmökern in den ausliegenden Büchern und lassen uns von der Gastgeberin das Leben hier erklären. Irgendwann kommt noch ein Landsmann von Claudia Heckl auf seinem »Bosch-Rad« daher und bittet um Strom. In der letzten Kneipe war der Ladevorgang auf dubiose Weise sabotiert worden. Und so wird aus einer kurzen Eis-Pause ein schönes Gespräch und ein bleibendes Urlaubserlebnis.

Bis zur Hauptstraße nach Cres gibt es noch ein paar Zehnprozenter zu überwinden, hier fangen wir auch den österreichischen »Bosch-Radler« wieder ein. Merke: auch beim Pedelec haben Körpergewicht und Eigenleistung einen erheblichen Anteil an der Geschwindigkeit und Reichweite. Als wir am Hafen von Cres unser letztes Bad im Meer nehmen, zeigt der Akku noch 30 Prozent Restkapazität, nicht schlecht nach 50 Kilometern und 1.300 Höhenmetern.

Fazit

Noch nie bin ich im »Badeurlaub« so viel Rad gefahren. Aus der Skepsis der ersten Tage ist so nach und nach eine Begeisterung für diese neue Spielart des Radfahrens entstanden. Sicherlich hätte ich die Touren auch alle ohne Motor fahren können, dann aber eben allein und ohne meine Frau Patricia.

In den nur sechs Tagen hat sich der E-Finder als ein ungemein vielseitiges Mobilitäts- und Entdeckungsvehikel bewährt und alle Erwartungen übertroffen. Wir sind weite Strecken völlig ohne Unterstützung gefahren und waren angenehm überrascht wie „normal“ sich das fährt. Über abschüssige, aber dennoch leicht gewellte Straßen ging es zum Teil mit Tempo Vierzig oder Fünfzig dahin. Sicherlich, man muss lernen mit der Abregelung bei 25 km/h umzugehen, also in diesem Geschwindigkeitsbereich die eigene Antriebskraft eher zurück zu nehmen. Die so gesparte »Kraft« lässt sich in der Ebene dann wesentlich effizienter einsetzen.

Der E-Finder macht auf der Straße genau so viel Freude als auf Schotter, nur bei groben Geröllstrecken kommt das ungefederte Rad (bzw. der Fahrer) an seine Grenzen. Das ist durchaus so gewollt, schließlich ist unser Ziel nicht ein weiteres E-Mountainbike anzubieten, sondern ein vielseitig nutzbares Touren-, Alltags- und Reiserad mit einem sehr, sehr großen Spaßfaktor – auch und speziell auf Nebenwegen.

Desweiteren haben wir den E-Finder auch hier in unserer heimischen Region ausgiebig gefahren. Ob Freizeit – mal kurz von Weil der Stadt nach Unterlegenhardt zum Kaffeetrinken bei den Mehigans (50 km/800 Hm) – oder für alltägliche Wege, der E-Finder ist eine famose Erweiterung des Radfahrens bzw. kommt häufig dann zum Einsatz, wenn man mit dem Auto liebäugelt.

Das meinen die anderen Veloträumer

Pit findet weiter sein Pendlerrad mit Rennlenker und Alber Nabenmotor angenehmer zu fahren, ihm ist der Shimano-Motor etwas zu ruppig.

Matthias ist begeistert, wie entspannt sich von Weil der Stadt aus der Schwarzwald erschließen lässt und würde den E-Finder sofort für eine anspruchsvolle Pendlerstrecke einsetzen.

Roland, bisher mit einem Bosch-Motor der ersten Generation unterwegs, ist quasi nicht zur Arbeit erschienen, als er den E-Finder auf seinem Arbeitsweg (und vielen Umwegen) testete und ist völlig aus dem Häuschen.

Markus, der bisher ein drei Jahre altes Bionx-System fährt und den mit Abstand härtesten Arbeitsweg hat, war ebenfalls sehr angetan und ist mit über 20 km/h die hundsgemeine Simmozheimer Rampe (10-12%) hinauf geflogen. Und selbst den vier Kilometer langen Schlussanstieg aus dem Nagoldtal hinauf zieht der Motor konstant vom ersten bis zum letzten Meter.

Hannes kann mit einem Motor im Fahrrad so gar nichts anfangen und zieht den Finder ohne Motor vor. Alles andere wäre bei einem topfiten Jungspund auch bedenklich gewesen ;-)

Patricia kann mit mir (dem Chronisten) locker mithalten, hat dennoch das Gefühl richtig Fahrrad zu fahren und genießt den wiedergewonnenen Aktionsradius.

Stefan (der Chronist) findet es zudem bemerkenswert, dass die Prototypen nun seit 2.000 Kilometer ohne die geringste Störung funktionieren, freut sich aber weiterhin auch am rein muskelgetriebenen Fahrrad fahren.

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