»We ride what we sell« – oder Patricias Wunsch nach einem Rennlenker-Pedelec wird Realität.
Schon bald, nachdem wir erste Erfahrungen mit unseren »FD2E« gesammelt hatten, postulierte Patricia in ihrer Team-Vorstellung: »Zukunftswunsch – E-Speedster«.
Doch nicht nur Patricia hat diese besondere Affinität zum Rennlenker (übernommen), dieser Spleen ist quasi fest in den Velotraum-Genen verankert. Eine Marotte, die uns seit den Anfängen von 1992 charakterisiert – insbesondere die Implementierung des Rennlenkers in vermeintlich dafür ungeeignete oder unschickliche Fahrradgattungen.
Dabei haben es uns die großen Komponentenhersteller noch nie leicht gemacht unseren Rennlenker-Fimmel zu verwirklichen. Denn dort herrschen andere Realitäten und Rahmenbedingungen hinsichtlich Skalierung und Fahrrad-Gattungsdenken. Wir mussten daher schon immer reichlich kreativ und bisweilen mutig nach machbaren Lösungen suchen.
Darauf hat die Menschheit gewartet – ein Pedelec mit Rennlenker ;-)
Ein Merkmal für die bescheidene aber kontinuierliche Erfolgsgeschichte von Velotraum ist so einfach wie banal: Wir bauen nur Räder, die wir auch selber gerne fahren würden.
Sicher, da gibt es Räder, die man auch mal gerne fahren würde und solche für die man brennt. Kurzum, jeder im Team hat so seine Vorlieben, ganz wie unsere Kunden. Und bei Patricia ist es der Rennlenker, weil sie mit diesem Lenker einfach am angenehmsten Radfahren kann.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nun die vergleichsweise junge und technisch hochkomplexe Pedelec-Technik eine nahezu perfekte Lösung für den Rennlenker bietet – zumindest in der Shimano-Welt. Um ehrlich zu sein, hatten wir diese Hoffnung bereits vor drei Jahren gehegt, als wir uns für das STEPS-System von Shimano entschieden haben. Denn die elektronische und Bus-basierte DI2-Schaltung war da bereits lange am Markt und galt als extrem ausgereift und sehr flexibel kombinierbar. So mancher wird sich dabei an das »VK8« erinnern, samt diesem Testbericht ;-)
Weil sie es können
Seit gut zwei Jahren nerven wir nun die rührigen und kooperativen Shimano-Mannen von Paul Lange mit unserem Rennlenker-Spleen. Auf der Eurobike vor gut einem Jahr präsentierte Shimano endlich das ersehnte Produkt-Vorschau-Diagramm mit STEPS- und DI2-Rennrad-Komponenten, und wir bestellten sogleich die entsprechenden Bauteile. Dann kam der wie immer stürmische Saisonauftakt und keinem im Team stand der Sinn nach rumexperimentieren. Im April dann erste Versuche: Fehlanzeige, digitales Babel – die Bauteile wollten nicht miteinander kommunizieren …
Ein Anruf bei den sichtlich zerknirschten STEPS-Experten in Stuttgart lieferte auch den Grund: Shimano kommt mit der Programmierung nicht hinterher, aber in zwei bis drei Wochen … Allerdings werden selbst bei den Japanern aus Tagen gerne mal Wochen oder gar Monate – davon wissen alle OEMs ein Klagelied zu singen. Nachdem Shimano das entsprechende Update bereitgestellt hatte, wurde alles ziemlich einfach. So war die Montage und Inbetriebnahme von Patricias SP2E für unseren Auszubildenden Max und ITler Mathias fast ein Kinderspiel, sprich alles klappte nun auf Anhieb.
Über die Gründe, die Shimano dazu bewogen haben, die Steps-Systeme mit DI2-Rennlenker-Fähigkeiten auszustatten, kann man nur mutmaßen … Sehr (sehr) wahrscheinlich wird auch Shimano bald ein »richtiges« Rennradsystem auf den Markt bringen, das aber mit Sicherheit anders konzipiert sein wird als die bisherigen STEPS-Systeme. Vielleicht hat Shimano es auch nur gemacht, weil sie es können.
Sei es wie es will – Wir sind nicht nur davon begeistert, solche »Schubladensprenger« nun selber zu (er)fahren, sondern auch unseren Kunden solch eine besondere Lösung ohne Einschränkungen anbieten zu können. Ein wichtiger Zusatz, denn die fürs Pedelec geltenden Normen lassen keine Improvisation oder gar Tricksereien zu. Vielmehr ist es unabdingbar, dass von Herstellerseite alles abgesegnet ist. Freilich, die im SP2E verwendete Technik weist weit über diesen selbstverständlichen Mindeststandard hinaus. Hier ist technisch alles vom Allerfeinsten: Superber Antrieb, gepaart mit elektronischer Schaltung und hydraulischer Scheibenbremse.
Bei aller Begeisterung sind wir uns durchaus bewusst, dass der SP2E selbst für Velotraum-Maßstäbe einen Nischencharakter hat und wir damit unserer Unternehmensphilosophie (»bescheidener aber kontinuierlicher Erfolg«) treu bleiben … Andererseits sind wir davon überzeugt, dass es da »draußen« noch eine paar Menschen gibt, die genau auf so ein g’spinnertes Rad gewartet haben ;-)
Patricia – die ersten 300 Kilometer mit dem SP2E
Ich bin begeistert – Endlich habe ich meinen geliebten Rennlenker wieder … und es funktioniert alles tadellos. Bisher war ich noch nicht mit der DI2-Technik am Rennlenker vertraut und war gespannt, wie ich damit zurecht komme. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase wird die Schalterei zum Kinderspiel. Bedenken habe ich nur, wenn ich STI-Hebel bei kälteren Temperaturen mit Handschuhen bedienen soll, ob ich da immer den richtigen Hebel erwische … ich werde berichten. Auch auf den typischen Schotter- und Nebenwegen komme ich mit dem Rennlenker sehr gut zurecht.
Der Richtey Venturemax-Lenker, für den ich mich entschieden habe, bietet am Unterlenker eine ausgestellte und somit breitere Griffposition, die im Gelände spürbar angenehmer ist. Da der Drop bzw. der Bogen trotzdem nicht sehr weit runtergeht, lässt sich der Unterlenker sehr gut erreichen und auch das Schalten und Bremsen klappt von dort aus prima.
Meine Sitzposition ist mit dem Rennlenker nun spürbar und gewollt gestreckter. Durch die unterschiedlichen Griffpositionen des Rennlenkers komme ich damit aber gut zurecht. Als komfortabel-gestreckt würde ich nun meine Sitzposition bezeichnen und trotz der Überhöhung des Lenkers von acht Zentimeter, sieht mein SP2E optisch immer noch gut aus – oder?
Fazit: Mein Wunsch-Velotraum ging in Erfüllung, also nächste Herausforderung suchen ;-)
Kommentare
Dann fehlt ja jetzt nur noch der neodrives speedster ;-)
Das Rad kommt meinem Wunsch-E-Bike recht nahe,
Die Di2 ist doch dem Schalten der Mountainbike Gruppe XT mit Rennrad-Schalthebeln geschuldet – oder?
Dann wird es ja in absehbarer Zeit auch möglich sein, eine 12 -fach XT mit 10-51 hinten und vorne einem 38er Zahnrad zu kombinieren.
Und das Gewicht ist auch super!
Mit Bosch Motor und zwei Akkus wird es voraussichtlich nicht funktionieren, oder?
@ Quetschekuchen: Nur mit den DI2-STI-Bremschalthebeln lässt sich der Motor steuern, mit der XT-Schaltung hat das erstmal nichts zu tun. Momentan gibt es aber keine DI2-Lösung für 12-fach, wurde auch nicht auf der gerade vergangenen Eurobike präsentiert …
Mit geradem Lenker und mechanischer Kettenschaltung, also im FD2E, wird es 12-fach in der von Dir beschriebenen Kombination geben, zu einem späteren Zeitpunkt mehr dazu.
Bosch und Rennlenker – ich mutmaße denen ist dieser Markt im Moment zu klein ;-)
Hallo Herr Stiener,
Ist ähnlich zum E-Bike Ihrer Frau ein strassentaugliches Finder mit Shimano-Motor, überhöhtem Rennlenker ( wie das bei Ihnen gekaufte Rad-nach wie vor saugut) und Rohloff denkbar?
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Maier
@ Klaus Maier: Denk- und technisch machbar ja, aber nicht wirklich empfehlenswert. Da z. B. nicht an den Bremshebeln (das wären dann die Shift-R-Road) die Motorstufen geschaltet werden können. Und bei einem Rad, welches dann sicherlich über 7.000 EUR liegen wird, eine echter Schönheitsfehler ;-)
Hallo Herr Stiener,
ich liebäugel schon länger mit einem FD3E mit Rennlenker.
Mit der Shift-R-Road gibt es eine tolle Lösung für die Rohloff.
Könnten die Unterstützungsstufen nach dem E-TUBE-Update vom April 19 vielleicht mit dem Sprinterschalter SW-R610 geschaltet werden? Inkl. Schiebehilfe.
Gruß aus Karlsruhe
Martin Rothleitner
Link zu SW-R610:
https://bike.shimano.com/de-DE/product/component/duraace-9070-di2/SW-R610.html
@ Martin: Da bin ich im Moment etwas überfragt und es fehlt mir auch die Zeit das zu recherchieren. Aber am 12.11. haben wir die Shimano-Experten im Haus, die werde ich mal fragen und da Ergebnis hier veröffentlichen.