Auch ohne eigenen Messestand hatten wir drei sehr intensive und erkenntnisreiche Tage am Bodensee, dazu eine kurze Rückschau im Artikel.
Gleichzeitig schauen wir nach vorne, auf die erstmals vom 26. bis 28. August stattfindende FORUM-FAHRRAD in Fellbach bei Stuttgart.
Forum-Fahrrad im Goldbergwerk in Fellbach
Die Idee zu dieser kleinen und feinen Messe mit namhaften Fahrradherstellern ist eine Reaktion auf die problematische Entwicklung der Eurobike, nicht nur in terminlicher Hinsicht. Mit dem Ziel der Messeveranstalter, die Eurobike mehr und mehr zum ultimativen »Festival« zu stilisieren, ist die Akzeptanz bei Fachhändler wie Ausstellern geschwunden und die Arbeits- und Aufenthaltsqualität auf der Strecke geblieben. Gefüllt haben diese Lücken diverse Hausmessen der großen Markenzusammenschlüsse und Einkaufsverbände …
Nicht von ungefähr steht die vom VSF organisierte Forum-Fahrrad unter dem Motto: Persönlich – Entspannt – Zeitgemäß. Zitat:
»Das FORUM bündelt in einzigartiger Zusammensetzung kleine wie große Premium-Hersteller, die auf höchstem Niveau Fahrräder und Fahrradprodukte entwickeln, herstellen und vertreiben. Keine willkürliche Ansammlung, sondern eine gezielte Auswahl bester Partner des Fachhandels, die Du an einem Ort treffen kannst.«
Einen echten Publikumstag zum (sau)wohlfühlen und entdecken gibt es im Übrigen auch: Sonntag der 25. August, von 11:00 bis 19:00 Uhr. Da zeigen wir dann auch den neuen xyz … ;-)
Eurobike-Rückschau
Schon nach dem ersten Tag (ein Sonntag) sahen wir uns in der Entscheidung bestätigt, auf einen eigenen Messestand verzichtet und lediglich einen Besprechungstisch in der VSF-Lounge gebucht zu haben. Ebenfalls eine glückliche Entscheidung: unser »Quartier« auf dem liebevoll geführten Campingplatz Ferienhof Kramer. Was für ein schöner Ausgleich am Abend, nach Verlassen der abgedrehten Messe-Bubble ins geerdete Familien-Camping-Leben einzutauchen ;-)
Und die Messe selbst – Auf den ersten Blick hat sich nichts geändert. Am Auffälligsten – keine Staus am Sonntagmorgen, sondern gespenstische Ruhe und leere Straßen. Die Hallen selbst waren aber gut besucht allerdings nicht so bummsvoll wie die Jahre zuvor, nicht mal bei den Quotenbringern. Alles in allem deutlich angenehmere Arbeitsbedingungen mit einer weiterhin sehr internationalen Ausrichtung. So konnten wir gezielt und strukturiert Termine und Zulieferkontakte abarbeiten und marschierten am ersten Messetag gar neun Kilometer durch die Hallen (wozu so ein Smartphone alles gut ist …).
Auf der Travel-Talk-Bühne: Fatbike- und Finder-Pionier Walter Lauter und der Chronist
Am Montag hatten wir dann überwiegend Termine mit unseren Partnerhändlern. Leider hatten viel zu wenige unserer Händler den Weg nach Friedrichshafen gefunden (siehe oben), aber dafür waren die geführten Gespräche substanzieller. Wir konnten sehr viel Anregungen mit nach Hause nehmen und erhielten für unsere Ausrichtung und Zukunftsprojekte die Rückmeldung: passt super, macht weiter so.
Hinsichtlich der Zukunftsprojekte Ross und Reiter zu nennen ist allerdings noch zu früh. Auch wenn die meisten unserer geplanten Neuheiten bereits in einem fortgeschritten Stadium sind (wobei mir beim Schreiben gerade schleierhaft ist, wann und wie wir das in dieser erfolgreichen Saison mit sehr viel Alltagsgeschäft bewältigt haben …).
So wie es aussieht, wird für »Alle« was dabei sein. Sprich, für alle vier Velotraum-Fahrradwelten haben wir interessante Erweiterungen gefunden bzw. planen »organische« Weiterentwicklungen. Nach dem Lieferfiasko mit dem Shift-R-Road und den Miranda-Kurbeln, reden wir aber nicht mehr über ungelegte und nicht verfügbare Eier, selbst wenn uns der eine oder andere Umsatz so entgehen wird. Die Enttäuschung und Verärgerung bei unseren Kunden, die Mehrarbeit und der Stress, welcher durch massive Lieferverzögerungen respektive Ausfälle entsteht, ist in jedem Fall das größere Übel …
Allerdings sei an dieser Stelle schon vorausgeschickt: es kommt nicht nur Neues hinzu, wir werden uns auch von Einigem trennen. Denn Komplexität und Anforderungen unserer vier individuell gestaltbaren Fahrradwelten steigen rasant. Das betrifft nicht allein die technische Seite, sondern auch die vermehrt anzutreffende Überforderung bei Zulieferbetrieben. Bei uns schlagen dann mangelhafte Produkte auf oder/und treffen mit zum Teil gravierenden Verspätungen ein – so’ne Art Deutsche-Bahn-Syndrom. Da hilft im Moment nur eins: Konzentration auf Kernkompetenzen und Bewährtes sowie ein besonders umsichtiger Umgang mit Neuheiten und Änderungen.
Der E-Hype
Es war ja zu erwarten – der Hype ums E-Fahrrad steigert weiter das Tempo und nimmt mehr und mehr Raum ein. Natürlich wurden auf der Eurobike 2018 noch »Normalräder« gezeigt, in den Köpfen und Gesprächen der Branchenmenschen (Hersteller wie Händler) dominiert jedoch das E-Fahrrad. Mehr wie deutlich wurde dies auch auf dem Branchentreff des Delius-Klasing-Verlag (Tour, Bike, E-Bike, myBike). Traditionell werden dort die umfangreichen und teilnehmerstarken Leserumfragen vorgestellt und analysiert. Auch hier spiegelt sich der rasante Siegeszug des E-Fahrrads über alle Gattungen hinweg wieder – noch ausgenommen: das Rennrad.
Besonders eindrucksvoll: beim E-Fahrrad sind schon die »Einsteiger« bereit so viel Geld auszugeben, wie die »Enthusiasten« für ein nicht-motorisierten Fahrrad. Das zeigt, welchen Stellenwert die Kunden dem E-Fahrrad einräumen. Bereits auf dem ersten Vivavelo-Kongress 2010 in Berlin hatte Jeanette Huber vom »Zukunftsinstitut« eine solche Entwicklung prognostiziert: »Insbesondere für mehr Bequemlichkeit sind die Kunden bereit sehr viel Geld auszugeben« – Quod erat demonstrandum.
Eurobike 2019 – mit oder ohne Velotraum?
Für 2019 geht die Messe wieder auf den alten Termin (Anfang September 2019) und das bisherige 4-Tage-Konzept zurück, mit dem Samstag als Publikumstag. Begründet wird diese 180-Grad-Wende mit denselben Argumenten wie der frühe 2017-Termin ohne Publikumstag in diesem Jahr – Sapperlot, was sind die Eurobike-Macher geschmeidig …
Trotz dieser vertrauten und bewährten Rahmenbedingungen sind wir noch unentschlossen, ob wir als Aussteller wieder dabei sein wollen. Auch nach 14 Jahren können wir die Relevanz dieser Messe für Velotraum nicht sicher einschätzen. Unsere Argumente fürs Fernbleiben sind:
- ein für uns unsinniger Jahreszyklus und unpassender Zeitpunkt
- immens hohe Kosten
- ein Kraftakt hinsichtlich unserer knappen menschlichen Ressourcen
- die internationale Ausrichtung ist für unser Geschäftsmodell weniger interessant
- die Messe spricht nur lokale Endkunden an
- wir glauben dort nur zum kleinen Teil unser Zielpublikum zu finden
- in unserer Ausstellung in Weil der Stadt lässt sich Velotraum wesentlich besser erfahren
Aber fragen wir doch einfach mal Euch liebe Leser und Velotraum-Freunde:
- Wer von Euch geht denn überhaupt auf eine große Fahrrad-Messe?
- Seht Ihr es als notwendig bzw. wünschenswert an, Velotraum auf der Eurobike vorzufinden?
Kommentare
Vielleicht ist FRiedrichshafen zu nah bei Weil der Stadt. Ein guter Händler (Srädle) mit den richtigen Marken kann den aufwendigen Besuch einer Messe ersetzen. Aber die sind rar.
Euer Konzept ist schon ziemlich unique im Markt, schön geerdet und konservativ. Kohlefaser (und die Faserproblematik (Kanzerogen? ) bleibt außen vor. Die Hersteller spezifischen Teile bei der Grossserie nerven. Langfristig sind diese negativ für den Kunden. VT kostet zwar einen schönen runden Betrag extra, ist aber vermutlich gut investiert, wenn man wenig Geld, Kenner ist und es langfristig sieht oder eben viel Geld übrig hat. Das Auto oder den ÖNV kann das bike in meinen Augen nur ergänzen.
Bin schon gespannt auf die Neuigkeit Ende August und ob ich mit meiner Vermutung (Finder, Pinion) richtig liege.
Eigentlich bin ich kein Fan von Messen. Die feinen Kleinigkeiten übersieht man gerne in dem Trubel und ich fühle mich oft von dem Drumrum überfordert. Da greife ich gerne auf die Internetberichterstattung zurück. Leider kann ich dann aber wieder keine Fragen stellen, die mir auf der Zunge liegen …
Aber die Messe in Fellbach hat für mich einen relativ kurzen Anfahrtsweg. Deshalb hab ich schonmal ein dickes Kreuz im Kalender gemacht.
Sie wie es aussieht, muss meine Finder-Bestellung bei euch noch ein paar Tage warten. Oder nehm ich doch nen SP-300 ??? Ihr macht es einem nicht leicht.
An Walters Rad ist übrigens schön zu sehen, dass der Sattel eben nicht immer höher als der Lenker sein muss.
Ich war ein einziges Mal auf der Eurobike und muss sagen: das hat gereicht. Es war mir einfach zu viel Information auf einmal, eigentlich hatte ich damals keine Eindrücke mit nach Hause genommen.
Gute Erinnerungen habe ich heute noch an eine Fahrradaustellung in Tübingen – es war in der Uni Mensa, wenn ich mich richtig erinnere – ich meine sogar, da war Velotraum auch zu sehen .. oder irre ich mich. Meiner Meinung nach, bin ich damals dort auf euch gekommen und seither schon 3 VT gekauft.
Fellbach habe ich mir schon mal vorgemerkt und wenn es passt bin ich dort. Große Radmessen sehen mich auf jeden Fall nicht mehr.
Was VT betrifft, finde ich das eine kleine und feine Radmanufaktur nicht in der Masse der Eurobike untertauchen muss. Jeder VT-Besitzer ist doch die beste und sichtbare Werbung.
Hallo,
ich war mehrfach auf der Messe, weil ich Freikarten bekommen habe.
Es ist schon ganz nett mal zu sehen, was es alles so gibt. Man ist aber bald übersättigt und genervt und KO.
Wesentlich wichtiger ist für mich eine gute Website. Denn da kann ich zu Hause und völlig entspannt und in Ruhe alles durchlesen, zusammengoogeln etc..
Deshalb meine Empfehlung: besser das Geld in eine informative Website stecken.
Liebe Veloträumer,
meinetwegen müsst ihr keinen Messestand haben; aus dem Norden der Republik ist Friedrichshafen ja noch einiges weiter als Weil der Stadt. Die Ausstellung dort ist informativer, die persönlichen Gespräche mit Stefan Stiener, Marcus Mehigan und den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern intensiver und notwendige Inspektionen haben auf der Messe sowieso keinen Raum. Im übrigen seid ihr von der Arbeitskapazität und weiteren Gestaltung sowie schon am Limit, wozu dann den Korb noch höher hängen?
Aus der Perspektive all jener, die hier mitlesen und kommentieren, dürfte die Antwort leicht zu geben sein: Wer Velotraum bereits gut kennt, braucht den Messeauftritt sicher nicht. Der kann und wird bei Bedarf auch zusätzlich oder anstatt nach Weil der Stadt reisen.
Die Frage ist doch eigentlich nur, wie viele Kunden bzw. Händler man durch den Messeauftritt von der Gruppe 2 (hat Velotraum nicht auf dem Schirm) in die Gruppe 1 (hat Velotraum auf dem Schirm) befördern kann. Und dazu sagen die Erfahrungen der vergangenen Jahre sicher mehr aus als alle Kommentare hier es jemals könnten.
Hallo,
die Eurobike ist für mich uninteressant. Mit meinem Velotraum VK9 bin ich VT-süchtig. Ich besuche euch lieber in Weil der Stadt.Die einzige Messe, die ich noch besuche ist die SPEZI.
#Ebike: und wieder wird eine Sau durchs Dorf getrieben. Jedes Jahr was anderes und jeder muss es haben. Solange ich meinen Allerwertesten noch auf mei VT bekomme und ich aus eigener Kraft radeln kann, kommt mit so ein Teil nicht in die Garage. Für mich ein Nieschenprodukt für Menschen, die sonst aus gesundheitlichen Gründen nicht radeln könnten. Ich weiß, ein schwieriges Thema.
Gruß
Tom aus dem schönen Kraichgau
Hallo Velotraum,
ich habe die Möglichkeit, in endlicher Zeit zur Eurobike zu kommen. Einmal bin ich dort gewesen. Mein Fazit: Eure Austellung in Weil der Stadt finde ich viel faszinierender.
Hier im Forum wird viel über E-Bikes gelästert. Dank Motor kann ich 80 km / 1000 Höhenmeter Tagestrecke zur Arbeit fahren und meine Schwester schafft regelmäßig 30 km. Und wir sind keine Supersportler mit Doppelherz.
Ein schnelles E-Bike von Velotraum wäre mein Traum.
Für mich ist Friedrichshafen viel zu weit weg, um mich dann auf dieser Messe damit intensiv zu beschäftigen. Da würde ich lieber die Zeit nutzen, gleich nach Weil der Stadt zu fahren. Ein persönliches Gespräch dort und die viel größere Ausstellung sind die Reise doch wert. Irgendwann einmal …. leider komme ich aus einer Region Deutschlands, wo es auch keinen Händler für Velotraum gibt, um sich mal einen Vorgeschmack zu holen. Ich freue mich also über eine gut gepflegte Internetseite mehr. Die hier veröffentlichten Informationen haben mein Interesse an Velotraum ja erst geweckt und ich muss aufpassen, dass ich mir nicht eine “Velotraumbrille” verpasse.
Die ständigen “Neuerscheinungen” auf welchem Markt auch immer nerven mich. Mir ist da Substanz lieber und ich habe das Gefühl, dass ich das bei Velotraum bekomme.
Die Puristen, denen das Elektrofahrrad ein Graus ist, kann ich verstehen. Sie gehören auch zu Velotraum, genauso wie eben jetzt auch die Pedelecfahrer. Ich sehe da keinen Widerspruch und nutze wie selbstverständlich seit fünf Jahren ein Pedelec, ein bisschen auch aus gesundheitlichen Gründen. Das Konzept des Finder fasziniert mich einfach. Für mich würde das passen.
Ich schließ mich einfach mal Vorredner Nr.6 Ulrich mit folgender kleinen Geschichte an: Es müsste die Eurobike ´97 oder ´98 gewesen sein als ich auf dem alten FN-Messegelände ein schönes, leichtes Rad mit radial! eingespeichten, schwarzen LX-Naben gesehen habe. Ein paar Wochen später war ich im Mäuerlesgang ..
Wenn man da heute vorbeiläuft kann man sich kaum noch vorstellen wie Ihr da mal reingepasst habt.
Noch lustiger ist es, dass es Freunde auf der Suche nach einem bezahlbaren Eigenheim in die südliche Nachbargemeinde von Weil der Stadt verschlagen hat ..
@ Alle: Vielen Dank für Eure Einschätzungen, die in der Tendenz ein eindeutiges Votum nahelegen. Allerdings weisen Ulrich (#6) und Richard (#10) auf einen blinden Fleck, dessen Relevanz weiterhin schwer einzuschätzen ist.
Eines ist jedoch sicher: zur Neuhändlergewinnung war die Eurobike schon seit vielen Jahren nicht mehr für uns geeignet. Es ist vielmehr so, dass die wenigen passenden Händler, die noch ein Plätzchen in ihrem Portfolio frei haben, früher oder später zu uns finden bzw. da haben wir noch andere Möglichkeiten der Akquise über den VSF.
Für die Markenanfänge wie von Richard beschrieben bzw. für einen dezidiertes Wachstum ist die Eurobike weiterhin als zwingend. Für unser »organisch-inhaltliches Wachstum« sehen wir die Kombination aus direktem Kundenkontakt, bundesweiter Medienpräsens und »gepflegter Homepage« durchaus als Alternative. Aber nun schauen wir mal was die Lokal-Messe Forum Fahrrad in Fellbach so bringen wird.
Haltet lieber euren Blog am Laufen und bestückt diesen mit aktuellen Neuigkeiten, das ist mir als Endkunde wichtiger als Velotraum auf igendeiner Messe zu finden.
Gruss, Heiko
@ Heiko, danke für die Einschätzung. Nach unlängst drei Tagen auf der Eurobike 2019 festigt sich in uns die Überzeugung, dass die Eurobike für Teile der Branche wahrscheinlich unverzichtbar ist, nicht jedoch für Velotraum.
Die Eurobike braucht uns nicht und wir brauchen auch die Eurobike immer weniger. Zumindest in der aufgeblasenen und eventlastigen Ausrichtung, ist diese Messe für uns keine geeignete Plattform mehr, allenfalls ein internationaler Treffpunkt mit schlechten und kostspieligen Arbeitsbedingungen ;-)
Zudem, dass haben uns die drei Messetage am Bodensee wieder gezeigt: Die Eurobike ist nicht (mehr) die Branche und repräsentiert schon garnicht mehr den Fahrradmarkt. Zumindest nicht unser Biotop. Und Velotraum war nicht der einzige kleine Premium-Hersteller der mit Abwesenheit glänzte, bis auf Patria war keiner mit einem Stand vertreten.
Einer unserer Händler, der viele kleine Premiummarken führt, meinte genervt: »Das war meine letzte Eurobike, denn ich treffe hier keine meiner Marken«. Viele seiner Kollegen haben diesen Schritt schon längst gemacht und besuchen nur noch die Hausmessen ihrer Hersteller und Verbände.