Kaum eine Frage beschäftigt potentielle Pedelec-Käufer so sehr wie die Reichweite, und keine Frage lässt sich so schwer beantworten.
Die Aussagen der Hersteller sind nicht besonders hilfreich, was freilich auch kein Wunder ist, denn viele individuelle Faktoren spielen komplex ineinander.
Daher haben wir immer wieder Selbstversuche unternommen, um ein wenig Licht ins diffuse Geschehen zu bringen.
Weniger kann auch mehr sein
Einen Erfahrungsbericht über die Eigenschaften und Merkmale des Steps-EP8 haben wir ja bereits hier veröffentlicht. Darüber, ob der Motor tatsächlich effizienter ist als sein Vorgänger konnten wir bisher noch keine Aussage machen, da der Akku im E-Finder des Chronisten bereits vier Jahre Ganzjahresnutzung auf dem Buckel hat. Für den anstehenden Italienurlaub hat sich derselbe nun einen neuen Akku gegönnt ;-)
Da ich nicht der passionierte Langstreckenfahrer bin – lieber kürzer und intensiver – habe ich ich mich wieder für die »kleine« Ausführung mit 504 Wh entschieden und nicht für die Ausführung mit 630 Wh. Als idealer Reichweitentest bot sich unlängst eine längere Erledigungsfahrt an, die einmal quer durchs Hecken-und Schlehengäu führte. Die Strecke ging überwiegend über Rad- und Forstwege, die nur ein bedingt flüssiges Fahren erlaubten – halt die übliche Eckenhatz, die Körnchen und Reichweite kostet.
Die weiteren Eckdaten: Das Systemgewicht (Fahrer, Fahrrad und Gepäck) betrug 135 Kilogramm, 1.100 Höhenmeter waren zu überwinden und es war ausschließlich der Eco-Modus im Einsatz.
Da der Akku erst einen Ladezyklus hinter sich hat, ist zu vermuten, dass da noch etwas mehr Kapazität in ihm schlummert. Doch 90 Kilometer Reichweite in der Praxis sind schon mal ganz anständig. An der Durchschnittsgeschwindigkeit sieht man, dass ich trotz »Eckenhatz« relativ flott unterwegs war. Sehr wahrscheinlich wird man mit einem gemütlicheren Tempo sogar noch etwas weiter kommen. Begründung: Generell »überhöht« die Unterstützung die Leistung des Fahrers, also mehr Beinkraft bedeutet tendenziell eine höhere Motorunterstützung.
Ähnliche Distanzen habe ich mit dem E8000 nicht ganz erreicht, sprich der EP8 scheint doch einen etwas besseren Wirkungsgrad zu haben. Die zwölf Kilometer Restreichweite sind freilich mit Vorsicht zu genießen, denn die letzten Kilometer ging es tendenziell bergab, und der Shimano-Algorithmus scheint, bei der Berechnung der Restreichweite, den Verbrauch der letzten Kilometer besonders stark zu gewichten. Das ist noch immer nicht optimal, jedoch viel, viel besser als früher. Da war nach zwei Balken ganz schnell der letzte, rote Balken da, und wenige Augenblicke später quittierte das System die Unterstützung … Jetzt besteht auch bei zwei Balken noch substanzielle Reichweite, allerdings würde ich im Toureneinsatz unbedingt dazu raten, ab zwei Balken die nächste Lademöglichkeit zu suchen.
Mein persönliches Resumee: Der vermeintlich kleine 504-Wh-Akku ist weiterhin zeitgemäß und praxisgerecht, zumal nach zwei Stunden Ladezeit der Akku wieder zu 80 Prozent gefüllt ist. Dieses Setup passt sicherlich nicht für alle Anwender und Anwendungen, aber jeder sollte sich fragen, ob das undifferenzierte Aufrüsten – ganz wie beim Auto – immer notwendig ist. Von den Fahrradherstellern ist da keine Selbstbeschränkung zu erwarten, da überwiegt eher die Tendenz, die Kundenerwartungen überzuerfüllen – auch da sind die Parallelen zur Autowelt unübersehbar. Dabei sollte sich jeder Pedelec-Käufer vergegenwärtigen, dass der Akku mit Abstand das Energie-und Ressourcen-intensivste Bauteil ist.
Kommentare
D` Ehre ihr lieben Rückenwind-Kilometer-Schrubber :-)
immer wieder freuen wir uns über eure authentische und aufmunternde Berichte. Ja, die EP8-Performance an euren Rädern begeistert.
Nach Jahrzehnten ohne, sind wir nun seit rund 2500km mit eingebautem Rückenwind unterwegs.
Die 504Wh sind ausreichend für Tagestouren mit Satteltaschen. Auch im hügeligen Gelände.
Bestätigen können wir die Erfahrung der Reichweiten-Balkenanzeige. Ab 2 Balken wird`s eng!
In Summe reicht es im 1. Akku-Jahr immer für min. 75km inkl. Drittelmix von Eco-, Touring- und Boost-modi.
Vielen Dank für diesen ersten Eindruck zum EP8. Es bestätigt sich, dass auch der E8000 noch nicht zum alten Eisen gehört. Generell könnte Shimano aber am Akkumanagement noch etwas arbeiten. Im Vergleich zum anderen großen Player am Markt habe ich bei Touren immer einen kleinen Nachteil. Für mich gibt es aber auch sehr viele Vorteile, insofern kann ich darüber hinwegsehen. Im hügligen Oberfranken habe ich in Trail Eco 80 km und ca. 800 hm geschafft, wenngleich es dann auch keine Reserve mehr gibt. Einen Wechsel auf den großen Akku würde ich aber deshalb nicht in Betracht ziehen. Er würde mir schon optisch am E-Finder nicht gefallen.
Schöner Bericht, aber warum wird dann weiterhin der 8000er verbaut ?
Das macht für mich keinen Sinn, wo der EP8 doch der Stand der Technik ist !
@Matthias: Da hast Du wahrscheinlich etwas falsch verstanden. Der Steps 8000 wird nicht mehr verbaut, sondern nur noch der EP8. Hier nochmals der Link zu dem entsprechenden Artikel.
@Stefan-von-velotraum :
Ich hatte das vor kurzem bei Euch per Mail angefragt und da als Antwort erhalten, dass es noch keinen Zeitpunkt für den Einsatz des EP8 gäbe…
Aber ganz egal, jetzt freue ich mich über die Nachricht und habe auch schon einen Termin in meinem Radladen gebucht.
Dann kann mein persönlicher Velotraum losgehen ;-)
Hallo.
Wieviel ca. Km ein Trekkingbike schaft.
630 Wh 85 Nm.
Danke schön in voraus.
Mfr.Grüße
Xaver Peter
@ Xaver: Auf eine so unspezifische Anfrage kann man leider keine Antwort geben – zumindest keine die einem weiterhilft. Die Antwort müsste nämlich lauten: zirka 25 bis 200 Kilometer …
Wieso soll ich bei einen 630Wh nur bis 25-200 Km Reichweite kommen.
Da finde ich 25 Km wohl sehr wenig!
@Hakkens: Kommt auf die Konstellation an. Nehmen wir einen untrainierten 100 kg schweren Fahrer der einen Alpenpass überqueren möchte und dabei mit sehr hoher Unterstützung fährt. Bei so einer Konstellation sind 25 Kilometer Reichweite sogar sehr optimistisch, eine andere Konstellation ist hier beschreiben.