Die guten Rahmenbauer in Asien sind begehrt wie nie und fokussieren sich restlos auf die Produktion.
Daher ist es im Moment sehr schwierig, mit neuen Rahmenmodellen aufzuschlagen … Um so erstaunlicher, dass nun ein seriennahes Muster des SP-400-Rahmens mit nur 3 Monaten Verspätung eingetroffen ist :-)
Speedster SP-400
Das Warum und Wieso für einen Speedster-Rahmen aus Stahl haben wir bereits vor ein paar Wochen wie folgt dargelegt:
Mit dieser Idee sind wir schon lange schwanger gegangen, haben sie aber letztendlich immer wieder verschoben. Denn bisher waren wir der Auffassung, dass auch ein Speedsterrahmen aus Stahl leicht sein müsste. Allerdings lassen sich leichte Stahlrahmen nur mit papierdünnen Wandstärken (unter 0,6 Millimeter) und vergleichsweise kleinen Rohrdurchmessern realisieren. Damit werden sie aber empfindlich und labil, also flatteranfällig und verwindungsweich. Da helfen auch hochfeste Kult-Stähle nichts, denn speziell die Steifigkeit ist in erster Linie vom Widerstandsmoment der verwendeten Rohre abhängig und den bestimmt maßgeblich der E-Modul (eine Materialkonstante!) und der Rohrdurchmesser (je mehr, desto besser). Eine in Retro-Stahl-Fan-Kreisen gerne verdrängte, physikalische Gesetzmäßigkeit ;-)
Mit dem SP-400 wollen wir zukünftig auch einen Speedster für ein sehr hohes Systemgewicht anbieten, also für ein Systemgewicht von maximal 180 Kilogramm! Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum ein paar hundert Gramm mehr oder weniger Rahmen-Gewicht keine Rolle spielen sollten. Die Zielgruppe sind dabei nicht allein besonders schwere Fahrer, sondern Globetrotter und Abenteurer, die mit viel Zuladung unterwegs sind. Mit diesen Eigenschaften tritt der SP-400 an die Stelle des alten VT-200-Rahmens aus der Konzept-Welt, den wir vor vier Jahren eingestellt haben. Im Unterschied zum VT-200 hat der SP-400 eine reinrassige Rennlenker-Rahmengeometrie, ist konsequent für Scheibenbremsen ausgelegt und für ein Reifenformat bis zu 55-584 Millimeter geeignet.
SP-400 – Eine Puristische Stahlschönheit
Schon immer zeichnet die Velotraum-Stahlrahmen ein sehr nüchternes und funktionales Design ohne jeglichen Schnickschnack aus. Schließlich »dient« auch der Rahmen – als Herzstück des Fahrrads – dem Großen und Ganzen. Und spätestens, wenn Lichtanlage, Schutzbleche, Parkstütze und Gepäckträger montiert werden, treten die Details in den Hintergrund und das Gesamtergebnis zählt: »Ein Fahrrad, das in Funktion und Größe einfach passt«. Und in diese Tradition wird sich der SP-400 sicherlich nahtlos und erfolgreich einreihen.
Die Ausführung und Eigenschaften des Musterrahmens haben in jedem Fall schon mal unsere Erwartungen übertroffen, und – so ganz nebenbei bemerkt – wussten wir schon gar nicht mehr, wie famos es sich anfühlt, eine neue Rahmengeneration erstmals in Händen zu halten ;-)
Für ein Handmuster ist der Prototyp schon ziemlich perfekt und die Toleranzen liegen bereits auf Serienniveau. Allerdings wäre bei den inzwischen aufgerufenen Preisen und Lieferzeiten unseres Taiwanesischen Rahmenbauers auch alles andere nicht mehr hinzunehmen …
Der SP-400 ist wie der SP-200 eine reiner Kettenschaltungsrahmen und soll optimal mit der Shimano-GRX harmonieren. Ein ganz wesentlicher Knackpunkt ist es, die engere Rennradkettenline und möglichst viel Reifendurchlauf unter einen Hut zu bekommen. Das ist uns quasi optimal gelungen: Die Shimano-GRX-Kurbel (2×11) passt perfekt, und ohne Schutzbleche können Reifenformate bis 62-584 verwendet werden. Damit lassen sich mit dem SP-400 nicht nur leichtfüßige Aspahlt-Randonneure bauen, sondern auch »Monster-Gravelbikes«, die grobes Geläuf und extreme Belastungen souverän abkönnen.
Apropos Belastung: In Kombination mit der Stahlgabel »C-425D« ist der SP-400 bis 180 Kilogramm Systemgewicht belastbar und dabei überragend steif. Freilich schlagen sich diese Attribute auf der Waage nieder: Der Rahmen wiegt solide 3.300 Gramm. Damit ist er gut ein Kilogramm bzw. 50 Prozent schwerer als der SP-200 – sapperlot. Setzt man das Mehrgewicht des Rahmens in Relation zum maximalen Systemgewicht, schrumpft dessen Anteil allerdings auf etwas mehr als ein halbes Prozent ;-)
Ersatzlösung für den Speedster »SP1«
Da Shimano essentielle 3×10-Komponenten nicht mehr produziert, können wir den Speedster »SP1« (3×10-Schaltung und Stahlrahmen) nicht mehr anbieten. Für die Zukunft lassen sich mit dem SP-400 allerdings noch bessere Lösungen für hochbelastbare Randonneure oder Gravelbikes realisieren. Speziell in Kombination mit mechanischen Scheibenbremsen und dem GRX-Tuning (auf 560 Prozent Übersetzungsbereich) steht damit ein vollwertiger Ersatz zum bisherigen »SP1« zur Verfügung, wie ihn unlängst die BIKE-Bild getestet und empfohlen hat.
Allerdings ist noch ein wenig Geduld gefragt, denn vor dem Spätherbst 2021 wird der SP-400 sowie das GRX-11/40-Tuning nicht zu Verfügung stehen …
Kommentare
Hallo liebes Team,
damit die Fügedetails nicht durch die Beschichtung verschwinden, kann ich folgende Anregung beitragen.
Vor etlichen Jahren gab es von der Firma Diamant aus Chemnitz Rahmen, die nur mit “Klarlack” überzogen waren. So waren die Rahmen geschützt und die Details (Anlassfarben, etc.) weiterhin sichtbar.
Viele Grüße Uwe
@ Uwe: Das können wir leider nicht anbieten. Unser Beschichter kann bei einer alleinigen Beschichtung mit Klarlack keine Garantie anbieten, da eine Unterwanderung nicht auszuschließen ist.
Für »leidensfähige« Freaks hätte ich einen anderen Tipp: Im Innenbereich (Schönwetterfahrrad) kann man rohen Stahl hervorragend mit einem speziellen Öl imprägnieren und optisch anfeuern ;-)
Schön, könnte zu meinen Reiseplänen 2022 passen ;-)
Moin,
ein schöner Rahmen aber: wie wäre es mit thru axels (142×12)? Und die Ansteuerung des Schaltwerks über das Tretlager, wo die Züge im Dreckbereich sind (ungeschützt, in nicht durgehenden Zughüllen) ist fraglich. Vor allem wenn die Ansteuerung einer Speedhub an anderen Rahmen über das Oberrohr geht, weil die Züge aus dem Dreckbereich des Tretlagers rausgehalten werden sollen. Und letztlich, ein tapered Steuerrohr wäre ja auch nicht schlecht.
Cheers,
Lars
@ Lars: Die Geschmäcker und Vorlieben sind natürlich verschieden. Davon abgesehen, haben wir uns natürlich bei allen Details etwas gedacht.
Steckachse – Wir haben uns beim SP-400 bewusst für den Schnellspanner entschieden, da wir in unserer Praxis und für unsere Räder keine echten Vorteile für die Steckachse erkennen können. Der Rahmen und die Naben würden einiges teurer, ohne Notwendigkeit bzw. sogar mit Nachteilen im ambitionierten Reiseeinsatz.
Zugverlegung – Wir kennen und verwenden beide Varianten seit vielen, vielen Jahren und wissen daher, dass beide Lösungen ähnlich problemlos und wartungsarm sind. Für den Speedster gefällt uns die offene Zugverlegung einfach viel besser :-)
Tapered Steuerrohr – Das macht für den angepeilten Einsatzbereich (hochbelastbarer Ranndoneur) des SP-400 wenig Sinn und würde nur das Gewicht nach oben treiben.
Hallo Stefan,
haben gerade unser neues Testrad Speedster SP-400 als SP2 ausgepackt, Schei..e fährt sich das gut! Wunderbar wenig, wunderbar steif.
Unser Beratungskonzept, erstmal die Klappe halten und probefahren lassen, das behalten wir bei. Alter Teppichhändler Trick, haha.
Schöne Grüße aus Bonn,
Franz