Melli und Dani haben inzwischen das »Spiti Valley« im Himalaya – ein Hochtal (3.800 m) zwischen Indien und Tibet – gemeistert und uns eindrucksvolle Bilder samt Bericht gesendet.
E-Mail von Vaegabond: »Hallo Stefan und liebes Velotraum-Team, viele liebe Grüße aus dem Hochgebirge im Himalaya! Wir haben eine wahnsinnig anstrengende, aber auch schöne Etappe durch das Spiti Valley in Indien hinter uns und sind schon bald in Ladakh. Die Finder waren perfekt für dieses Terrain, und es macht richtig Spaß, mit ihnen zu fahren! Wir hatten sehr viel Offroad, aber auch komplett überschwemmte Straßen (worauf wir auch gerne verzichtet hätten).«
Spiti Valley im Himalaya – Radreise Nord Indien
Von Melanie Steinigen und Daniel Kast
Es ist einfach unglaublich! Letzten Monat haben wir in Rishikesh unsere Yoga-Lehrer-Ausbildung absolviert, nun sitzen wir schon wieder auf dem Fahrrad und erkunden das wunderschöne Hochgebirge des Himalaya in Indien. Bis jetzt konnten wir fast täglich unsere neue Morgenroutine beibehalten: aufstehen, 2 Gläser Wasser für die Anregung des Stoffwechsels trinken, etwa 45 Minuten Yoga und im Anschluss Pranayama, also Atemübungen machen. Seitdem wir das machen, starten wir so viel ausgeglichener und mit mehr Energie in den Tag – und genau das brauchen wir auch! Denn seit wir die Region Uttar Pradesh verlassen haben, erwartet uns wieder jeden Tag ein neues Abenteuer!
Indien ist riesig. Indien ist vielseitig. Indien hat alles. Wir sahen schon herrschaftliche, wunderschön gestaltete Gebäude und Tempel in Rajasthan. Wir schliefen unter dem Sternenhimmel in der Wüste. Wir tauchten ein in das geschäftige und bunte Treiben von Mumbai und Delhi. Wir machten die Straßenstände unsicher und kosteten die vielen unterschiedlichen Delikatessen. Wir genossen die schönen Strände und hatten zum ersten Mal nach fast 4 Jahren Radreise Urlaubsfeeling in Goa. Und nun sind wir in der Region Himachal Pradesh, wo wir die unglaublich bizarre Berglandschaft des Himalayas bewundern.
Unsere Route (Download all unserer GPX-Daten hier möglich) führte uns zunächst über Reckong Peo. Die Gegend ist bekannt für leckere Äpfel, weil diese im milden Klima besonders gut wachsen. Was eher schlecht für uns war, war die Aussicht, einen Ort für unser Zelt zu finden. Links der Straße gab es steile Berge und eingezäuntes Militärgelände, rechts der Straße den reißenden Fluss. Wir fragten, ob wir im Garten eines Hauses unser Camp aufschlagen dürfen und wurden gleich eingeladen, im Haus zu schlafen und uns ein paar Tage auszuruhen. Wir freuten uns riesig über das Angebot unseres Gastgebers, der gerade in den Ruhestand eingetreten war. Während dieser Zeit organisierten wir unsere Permission, damit wir durch das angrenzende Militärgebiet radeln konnten und machten einen Abstecher nach Kalpa. In diesem malerischen Dorf findet man traditionelle Holzhäuser und terrassenförmig angelegte Obstgärten. Der kleine Ort hatte etwas sehr Rustikales, Ursprüngliches und strahlte eine tiefe Ruhe aus. Auf dem Rückweg zu unserem Gastgeber besorgten wir ihm als kleinen Dank eine lokale, köstliche Süßigkeit, die aus gestampften Cashew-Kernen besteht.
Wir verabschiedeten uns von unserem Gastgeber, der uns zur Stärkung zwei selbst gepresste Apfelsäfte mitgab und machten uns auf Richtung Hochgebirge. Anfangs hatten wir Glück und die Straßen waren gut ausgebaut. Das sollte sich allerdings bald ändern. Abends schlugen wir in kleinen Dörfern unser Zelt meist in noch nicht fertig gestellten Gebäuden auf, die allerdings schon ein Dach hatten. Für die Besitzer und Anwohner war es wohl genauso spannend wie für uns. Bald erreichten wir einen malerischen Ort, der sich perfekt zum Zelten eignete. Neben dem Flusslauf war eine große Fläche gespickt mit schattenspendenden Bäumen. Zwei Fußminuten entfernt lag der Kern des Dorfes mit einer funktionierenden Wasserpumpe, die sogar halbwegs trinkbares Wasser zutage förderte. Zwar hatten wir weit und breit keinen Handyempfang oder Strom zum Arbeiten, aber das kam uns gerade recht, so dass wir gleich zwei ungestörte und entspannte Nächte dort blieben.
Die Landschaft um uns herum wurde nach jeder Kurve spektakulärer. Eine spektakuläre Felsenlandschaft mit schneebedeckten Gipfeln breitete sich vor uns aus. Wir erreichten das Spiti Valley. Das Spiti-Tal, auch bekannt als “Mittelland des Himalayas”, begeistert mit seiner atemberaubenden Landschaft und der tief verwurzelten tibetischen Kultur. Grund hierfür sind die majestätischen Berggipfel, die malerischen Klöster und die unberührte Natur. Dann ging es mit der Steigung und dem Offrad-Spaß erst richtig los. Wir verabschiedeten uns vom Asphalt und hatten ja keine Ahnung, was uns wirklich erwartete. Perfektes Terrain für unsere Velotraum-Räder mit breiten Reifen! Der anfängliche Schotter wich einem Pfad, der kaum breiter als ein Auto war und mit Steinen so groß wie unsere Köpfe übersäht war. Mittlerweile wurde das Wetter schlechter und auf dem Kunzum La Pass auf über 4.551m wurde es nachts richtig kalt, und es regnete. Das hatte zur Folge, dass sich die Kuhlen auf der sogenannten Straße schnell mit eisig kaltem Gebirgswasser füllten. Ein Hindurchfahren war bei diesem steinigen Untergrund, den man kaum sehen konnte, unmöglich. Also hieß es Schuhe ausziehen, Hose über die Knie rollen und Zähne zusammenbeißen. Diese Art Pfützen häuften sich immer mehr und erreichten eine Höhe bis knapp unter Mellis Kniekehlen. Wir waren nicht die einzigen, die mit diesen Umständen zu kämpfen hatten. Zahlreiche Autos blieben mitten im Wasser stecken oder fuhren sich aufgrund der großen Steine fest. Und auch Motorradfahrer segelten reihenweise mitsamt ihrer Motorradkombi ins Wasser und waren von oben bis unten patschnass.
Mittlerweile haben wir das Spiti Valley und die schlechten Straßen hinter uns gelassen und brauchen erst einmal ein paar Tage Pause von diesem aufregenden Offroad Abenteuer! So fantastisch auch die Aussicht war, das forderte nach dem Annapurna Circuit in Nepal einen weiteren harten Tribut. Herpes, Sonnenbrand, müde Glieder und etwas ausgemergelt haben wir nun einen ruhigen und schönen Platz in Jispa gefunden, um uns von den Strapazen zu erholen und zu arbeiten. Die Dusche war nach 2 Wochen schon längst überfällig und zu unserem Glück gibt es hier auch eine Waschmaschine. Die Wäsche drehte ganze drei Runden, so schmutzig war sie. Jetzt versuchen wir die Arbeit der letzten Wochen nachzuholen, sichten unser Wahnsinns-Videomaterial der letzten Etappe, sortieren aus und produzieren wieder neue Videos und Beiträge. Leider gibt es hier auch wieder kaum Internet. Dani verbrachte die letzten zwei Stunden damit, das Smartphone im vierten Stockwerk (fast auf dem Dach) millimeterweise auszurichten, damit wenigstens ein kleines Quäntchen Signal reinkommt und wir diese Zeilen und Bilder des vergangenen Monats an euch da draußen senden können.
In ein paar Tagen stürzen wir uns dann schon in das nächste Abenteuer – es geht nach Ladakh. Auf welcher Route genau das sein wird, finden wir gerade noch heraus. Ihr könnt schon gespannt sein!
Liebe Grüße aus dem Norden Indiens
Melli & Dani
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