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Zu Besuch bei Rohloff

Die Einladung zum »Wanted Day« war eine willkommene Gelegenheit, den inzwischen berühmten Hersteller der 14-Gang-Nabe Speedhub mal wieder in Kassel zu besuchen.

Der letzte Besuch bei der Firma Rohloff war vor neun Jahren. Damals ging es um die erstmalige Verwendung der Speedhub im Velotraum-Konzept.

Über die Hintergründe der Wanted-100.000-Aktion, den Gewinner der vergoldeten Speedhub sowie den Wanted Day gibt es einen schönen Bericht und ein 12-Minuten-Video auf rohloff.de und auf der Homepage der aktiv Radfahren, so dass wir hier mehr unsere persönlichen Eindrücke des Besuchs wiedergeben möchten.

»Ab nach Kassel!«

Diese Redewendung wird scherzhaft oder mit Unmut verwendet, wenn man sich von jemandem leichten Herzens trennt oder jemandem im Sinne von »nur schnell weg« schleunigst loswerden möchte (Quelle Wikipedia). Seit die Rohloff-Nabe in der hessischen Großstadt (Eigenwerbung der Stadt Kassel) gefertigt wird, muss man diese Redewendung wohl in »nix wie hin« uminterpretieren.

Allerdings befindet sich die Firma Rohloff nicht mehr im Stadtkern, sondern seit dem Umzug 2004 eher am Stadtrand von Kassel. Aus einem kleinen, etwas improvisiert wirkenden Gewerbegebiet mit unbefestigten und ausgefransten Straßenrändern ragt, schon von weitem sichtbar, das hellgelbe Rohloff-Betriebsgebäude heraus.

Hier also wird »die weltbeste Fahrradnabe« (FTD) hergestellt. Gemessen an Ruhm und Ruf der Nabe wirkt das Betriebsgebäude, trotz des kleinen Schwimmbeckens im Vorgarten, bodenständig und bescheiden, fast ein wenig tiefgestapelt. Man ist jedoch für alle Eventualitäten gerüstet, erklärt Barbara Rohloff und freut sich über ein angrenzendes Stück Wiese, das als Erweiterungsfläche zur Verfügung steht.

Die Rohloffs

Bevor es mit der Verlosung und diversen Ehrungen losging, hatte die Hausherrin Barbara Rohloff das Wort. Dass die »Babs«, wie sie von ihrem Mann und den Mitarbeitern genannt wird, den Titel Geschäftsführerin nicht nur als Lametta trägt, ist dabei deutlich spürbar. Hier hat »Frau« den erfolgreichen Laden und das überwiegend aus Männern bestehende Umfeld fest im Griff. Mit dem viel sagenden und selbstironischen Bonmot, »jetzt möchte ich – was keine Frau gerne tut – das Wort an meinen Mann übergeben«, konnte dann die Bernd-Rohloff-Show beginnen.

Wenn der Erfinder der Speedhub über seine Nabe redet und mit aufschlussreichen, originellen und skurrilen Fakten, Anekdoten und Schrullen sein mechanisches Kleinod mit Leben füllt, hat das immer größten Unterhaltungswert. Eine feine Mischung aus Understatement, Selbstbewusstsein und verschmitzter Cleverness. Der »Bernd« könnte glatt als schwäbisches Cleverle durchgehen…

Mit der Tatsache, dass die Radsportler und Sportradhersteller – für die die Speedhub ja eigentlich entwickelt wurde – die Nabe überwiegend links liegen lassen, haben sich die Rohloffs inzwischen arrangiert. Wenngleich ihr Herz noch sehr für die »Sportfahrer« schlägt, wie Ehrungen und Sponsoring am Wanted Day zeigen.

Für den Siegeszug und die imposanten Stückzahlen der Speedhub sind jedoch die »Zweitverwerter«, also Reise-, Alltags- und anspruchsvolle Freizeitfahrer verantwortlich, deren Anforderungen und Wertesystem sich hervorragend mit den Eigenschaften der Speedhub decken.

Betriebsbesichtigung oder die Spitze des Eisbergs

Die eigentliche Produktionsstätte der Rohloff-Nabe ist ein großer und klar strukturierter Raum mit einem guten Dutzend unspektakulärer Arbeitsplätze, an denen die zugelieferten Einzelteile geprüft und zusammengesetzt werden. Auf den ersten Blick nicht sehr spektakulär…

Doch was man hier sieht oder, was einen Rohloff sehen lässt, ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn die eigentliche Leistung, die Konzeption der Nabe, geeignete Materialien und Präzisions-Zulieferer finden, die Zusammenarbeit mit den Zulieferern, die Finanzierung,… bleiben für uns an diesem Tag unsichtbar. Dennoch, allein schon das Verfahren, mit dem die Rohloff-Naben Stück für Stück zusammengesetzt werden, die unzähligen kleinen Arbeits- und Kontrollschritte bis zum fertigen Produkt fasziniert und lassen den Respekt vor der Rohloff-Mannschaft nochmals gehörig steigen.

Der Manufaktur-Charakter der Produktion ist dabei ein unverzichtbarer Bestandteil des Ganzen. Denn immer wieder müssen Toleranzen bei den Zulieferteilen ausgeglichen und kompensiert werden. Deshalb ist auch jeder Arbeitsplatz mit Messuhren gespickt, mit denen jeder Montageschritt kontrolliert und geprüft und im Bedarfsfall nachjustiert wird. Uns erinnert die Arbeitsweise stark an die Manufaktur eines befreundeten Uhrenmachers.

Und sie lässt auch Parallelen zu unseren eigenen Produkten zu. Denn auch bei Velotraum ist nur ein Bruchteil der Arbeit, der Vorprodukte und notwendigen Prozesse sichtbar, die für das zu Stande kommen des Endprodukts notwendig sind.

Funktion und Name dieses Bauteils hat der Fotograf leider vergessen ;-)

Inzwischen ist unsere Besichtigungstruppe bei der fertigen Nabe angekommen und allen Besuchern brummt leicht der Kopf angesichts so vieler ineinander greifender Rädchen. Bevor die Nabe in die Auslieferung kommt, werden auf einem Prüfstand nochmals alle Funktionen geprüft. Dass die Rohloffnabe auch rabiate Bedienung wegsteckt, demonstriert Carsten Geck von Rohloff, indem er wie wild von Gang 1 bis 14 hin- und herschaltet, ohne dass dabei im Nabeninneren etwas durcheinander gerät.

Schlussbetrachtung

In Zukunft werden wir also mit noch mehr Wertschätzung und Begeisterung die Rohloff-Speedhub-Nabe fahren und empfehlen. Nicht nur weil die Nabe ein wunderbares Produkt ist, sondern auch weil sie, ähnlich wie unsere Fahrräder, Ausdruck eines sehr speziellen Lebenstraums ist.

Ohne uns mit Rohloff auf eine Stufe stellen zu wollen, verbindet uns doch mehr, als wir bisher gedacht hatten. Die Individualität (unter dem Alugehäuse ist jede Nabe ein individuell abgestimmtes Unikat), der menschliche Manufaktur-Maßstab bei der Produktion, das familiäre und sehr teamorientierte Arbeiten, Qualität, Nachhaltig- und Wertigkeit sowie den Respekt und die Liebe zu unseren Kunden.

Spät, um elf in der Nacht, ging der »Wanted Day« zu Ende. Ein sehr schöner, erlebnis- und erkenntnisreicher Tag, bei einem sehr großzügigen und engagierten Gastgeber.

Dafür ein herzliches Dankeschön an das ganze Rohloff-Team.

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