Von wegen »Small is Beautiful« – Beim Kauf eines Fahrrades haben es kleine(re) Menschen mit einer Körpergröße von weniger als 1,60 Meter so ihre liebe Mühe, etwas Passendes zu finden.
Von dem Slogan aus den 70er Jahren, der (schon) damals für eine ökonomisch-ökologische Wende stand, ist allenfalls »small« – auf die Auswahl bezogen – übrig geblieben.
Small is beautiful?
Denn kleinere Menschen haben beim Fahrradkauf letztlich die gleichen Probleme wie ihre Leidensgenossen am anderen Ende der Größenskala: Der Markt bietet eine erdrückende Warenfülle für Standardgrößen, lässt aber Menschen jenseits der Norm außen vor. Das Mountainbike hat hier zwar einiges zum Positiven verändert, aber gerade bei den universell einsetzbaren Rädern ist die Realität ernüchternd. Erschwerend kommt hinzu, dass die Fahrradindustrie die ideale Laufradgröße für kleine Räder ohne Sinn und Verstand abgeschafft hat. Die Rede ist von 26 Zoll. Deshalb gibt es bei Velotraum auch nicht mehr die Größe »zweiXS«. Denn diese wäre geometrisch nur mit 26-Zoll-Laufrädern realisierbar.
Rooter »XS«
Entweder wird ein normales Fahrrad so lange »geschrumpft«, bis es irgendwie passt (da haben wir schon die unglaublichsten Dinge gesehen) oder es werden dem Kunden einfach viel zu große Räder angeboten und verkauft. Auch wir haben in unseren Anfängen die Anforderungen an Fahrräder für kleinere Menschen nicht in letzter Konsequenz erfüllt und uns oft in Allgemeinplätze wie »geht nicht anders«, »damit muss man leben« geflüchtet. Zum Beispiel, wenn die Kombination von dicken Reifen und Federgabel das Oberrohr bis zum »Anschlag« (dem Schritt) nach oben wandern lässt. Inzwischen hat sich das natürlich geändert, und in jeder Fahrradwelt bieten wir kleine Größen an, soweit es die Rahmenbedingungen technisch und ergonomisch zulassen. Denn Achtung: Ein kürzeres Sitzrohr – an dem die Rahmengröße gemessen wird – macht noch lange kein stimmiges Fahrrad für Menschen zwischen 1,55 und 1,65 m.
Zielvorgabe für den R900-Rahmen in XS war, den Rahmen so zu konzipieren, dass er Fahrern um die 1,60 m nicht nur zu einem stimmigen und passenden Rad verhelfen sollte, sondern auch alle Merkmale und Optionen der Rooter-Fahradwelt aufweisen: Ein steifer, gepäck- und reisetauglicher Diamantrahmen für unterschiedlichste Reifenbreiten, eine gefederte Sattelstütze, die Wahlmöglichkeit zwischen Ketten- und Nabenschaltung und viel Sicherheit beim Anhalten und Absteigen durch eine niedrige Überstandshöhe.
Der letzte Punkt war dabei von zentraler Bedeutung, denn nichts ist unangenehmer, als beim plötzlichen Anhalten mit den Weichteilen auf dem Oberrohr zu landen. Da wir an der steifen Diamant(Herren )-Rahmenform festhalten wollten, musste das Oberrohr, mittels elegantem Bogen, kräftig abtauchen. Dabei galt es ein Maß zu finden, das sowohl eine Trinkflaschenhalterung ermöglicht und dennoch gut 60 Millimeter mehr Schrittfreiheit als mit einem geraden Oberrohr.
Damit Sie, bei korrekt eingestellter Sattelhöhe, zumindest mit den Fußspitzen auf den Boden kommen, haben wir das Tretlager einen Zentimeter abgesenkt (der Exzenter ermöglicht eine weitere Veränderung der Tretlagerhöhe um plusminus einen Zentimeter). Die etwas geringere Rahmensteifigkeit durch das gebogene und somit länger gewordene Oberrohr sind bei diesem kompakten Rahmendreieck vernachlässigbar. Die Eignung für die verschiedenen Schaltsysteme ermöglicht die bewährte Velotraum-Exzenterlösung im Tretlager in Verbindung mit den speziellen Velotraum-Ausfallenden.
Small is beautiful!
Nicht nur die technischen Daten und Maße sind nun eine runde Sache. Das XS-Rooter ist auch ein optischer Leckerbissen, das sich mindestens so stimmig fährt wie es aussieht und somit ein gelungenes Beispiel dafür ist, dass sich Form und Funktion durchaus positiv ergänzen können. Die Vermaßung und Feinanpassung mittels Messmaschine sowie die individuelle Komponentenauswahl geben dem Rad den letzten persönlichen Schliff.
Kommentare
Na das ist doch mal ne Farbe! Da liegt bestimmt eine passende Flasche High-Gloss-Nagellack bei !??
Liebes Velotraum-Team, ein sehr schönes Fahrrad. Für mich sind jedoch die Proportionen nicht ganz stimmig. An dieses Fahrrad gehören nach meinem Empfinden unbedingt 26 Zoll (559) Laufräder. Es ist sehr schade, dass der Mainstream auch eine Firma wie Velotraum dazu “zwingt” auf diese Laufradgröße gänzlich zu verzichten.
Sogar am 2019 aufgebauten XL Speedster fahre ich 26 Zoll und denke nicht daran dies zu ändern, auch wenn die Auswahl von entsprechenden Faltreifen stetig abnimmt.
Ihnen weiterhin viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen
Reinhold
@Reinhold: Ich stimme Dir da vollkommen zu, aber leider schrumpft das Angebot an Reifen und v.A. auch Felgen in 26” schneller, als man gucken kann.
Wobei DT Swiss noch welche hat…
Wäre es mit Exzenter oben nicht möglich, die zu verbauen?? Oder wird die Bodenfreiheit in der Kurve dann zu knapp?
Und etwas off topic: Gibt es eigentlich keine 165er Kurbeln mehr? Ich bin bei Shimano auch nicht fündig geworden.
@Matthias: Wenn du die altbewährten Vierkanttretlager nutzt (an meinen Rädern gibt es nichts anderes), sind Kurbellängen von 155 bis 185 kein Problem (z.B. von T.A.). Vielleicht wirst du hier fündig: https://radplan-delta.de/antriebe/antriebe.html
@ Matthias: Technisch wäre 26 Zoll vertretbar, zumindest mit einer 55-559er Bereifung, und im Moment sind ja auch noch Teile verfügbar. Aber was ist in drei, fünf oder zehn Jahren? Velotraum-Räder werden in der Regel 15 bis 20 Jahre genutzt und wir sehen uns in der Verantwortung, im Sinne des Kunden so weit voraus zu denken.
@Stefan von Velotraum: Für Ihre Haltung als Unternehmer und Repräsentant von Velotraum habe ich vollstes Verständnis. Wer jedoch z.B. als Privatperson seine Laufräder selbst aufbaut, wird sich auch weiterhin ordentliches 26” -Material beschaffen können. Zudem halte ich es durchaus für wahrscheinlich, dass in einigen Jahren, wenn “alle Welt” auf 27,5” bzw. 29” (622) umgestiegen ist, plötzlich ein findiger Mensch die “ganz neue und sensationell gute Laufradgröße” 26” entdecken und zum “must-have” erklären wird.
Es liegt mir jedoch fern irgend jemanden “bekehren” zu wollen, Ausgangspunkt war eben der “kleine Rahmen mit den großen Rädern”.
Herzliche Radlergrüße
Reinhold
@Reinhold Als jemand der weiterhin einen 26” Speedster fährt (ich kann nach wie vor nicht rechtfertigen das gute Ding in den Ruhestand zu schicken): es ist schwierig geworden.
Es gibt effektiv zwei brauchbare Reifen die ich noch fahren kann, (drei wenn man den Kojak noch rechnet) und breite, ordentliche Felgen sind echt schwierig mittlerweile. Die blutige Zahlung an den Zoll für meine Velocity habe ich immer noch nicht ganz verwunden.
Wenn das 26” Revival kommt werde ich bereit sein, vorstellen kann ich es mir durchaus.
Kurze Kurbeln gibt es weiterhin ein paar, neben den üblichen Verdächtigen von TA und Middleburn gibt es einige schöne und teure Optionen von Appleman oder Rotor.
Die Appleman Kurbeln insbesondere haben es mir angetan mit der bunten Farbauswahl und den ganzen Optionen für Spider und anderes.
Tretlagerabsenkung macht natürlich Sinn und minimal weniger Stabilität ist bei vermuteten geringerem Gesamtgewicht sicher kein Prob. Schade das die Auswahl an kurzen Kurbeln aus Japan nach wie vor net tolle ist. In 8 Tagen ist Tour-Start und da werden etliche mit 165er Kurbeln fahren ..