Es tut sich was im grün-rot regierten Ländle. Auf Einladung des grünen Verkehrsministers Winfried Hermann trafen sich über 30 Fahrrad-schaffende im MVI*.
Auf der letzten Eurobike hatte sich Minister Hermann bereits ein Bild über die baden-württembergische Fahrradwelt verschafft und war überrascht, wie groß, bunt und innovativ die Fahrradbranche im Autoland bereits ist.
Als wir die Einladung zum »Netzwerk Fahrradbranche Baden-Württemberg« Anfang März dieses Jahres erhielten, dachten wir erstmals an einen Brief-Irrläufer, denn bisher hat diese politische Ebene noch nie den Kontakt zur kleinteiligen Fahrradbranche gesucht, schon gar nicht zu einer Liebhaber-Marke à la Velotraum. Aber es war kein Irrläufer, Verkehrsminister Hermann meint es wirklich ernst mit der breit angelegten Förderung und Stärkung des Fahrrads.
Beim ersten Treffen, das Winfried Hermann persönlich führte und moderierte, wurden nicht nur inspirierende Reden gehalten und eine (bessere) Fahrradzukunft beschworen, es wurde sogleich in fünf Projektgruppen (Innovation, Radkultur, E-Mobilität, Sicherheit, Infrastruktur) der Versuch unternommen, die vage Netzwerk-Idee mit Konkretem zu unterfüttern. Dass bei einem so extrem unterschiedlichen Teilnehmerkreis – von der Großindustrie (Bosch) über große Mittelständler (Magura, Paul Lange) bis zu Kleinstfirmen war alles vertreten – natürlich noch nicht viel entstehen konnte, war klar, aber für ein erstes Zusammentreffen von Ministerium und kunterbunter Fahrradindustrie war’s erstaunlich produktiv.
Besonders stark angesprochen hat uns die Initiative Radkultur, die unter dem Slogan ich hab’s die Fahrradnutzung »sexy« machen möchte – sprich Fahrrad im Alltag soll mehr zum Kult und Selbstverständnis werden, ganz ohne erhobenen Zeigefinger und Moralkeule.
Dass Politik und große Teile der Fahrradindustrie vor allem das E-Bike als Zugpferd für diesen Wertewandel sehen, wurde ebenfalls intensiv diskutiert, mit der klaren Botschaft: »vergesst und unterschätzt das normale Fahrrad nicht« …
Im November soll das nächste Treffen stattfinden, dem dann hoffentlich konkretere Ergebnisse und Aktionen folgen werden. Denn, der Nachholbedarf und Frust der Lokals ist enorm…
Apropos – zum Frustabbau empfehlen wir das Fahrradie-Video von Hannes Langeder
(*) Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg
Kommentare
Das Motto lautet offensichtlich: »Zurück zum Laufrad« – im ehrenden Gedenken an den Freiherrn Karl Friedrich Drais…
Ob man so das Zukunftspotential des Fahrrads zum Ausdruck bringt?
Die Kätzchen sollten ihre Krallen lieber drinnen lassen.. es sei denn, sie wollen die Pannensicherheit testen &:-)
Dazu passt doch ganz gut:
Was Radler vom Nationalen Radverkehrsplan erwarten
Der Radverkehr in den Städten nimmt gewaltig zu, doch der Wege-Ausbau stockt. Der neue Radverkehrsplan der Bundesregierung könnte eine Initialzündung sein.
RADVERKEHRSPLAN
Der erste Nationale Radverkehrsplan (NRVP) wurde im Jahr 2002 von der rot-grünen Bundesregierung initiiert. Das erklärte Ziel war, den Radverkehr in Deutschland zu fördern. Das große Manko des Plans lag in seiner Unverbindlichkeit. Die Verfasser hatten weder Fristen noch Ziele benannt, bis wann und wie die Städte die Radwegeinfrastruktur verbessern sollten. Außerdem fehlte eine klare Vorgabe, welcher Radanteil überhaupt erreicht werden sollte. Radverkehrsförderer kritisierten, dem NRVP fehle der politische Wille und ohne Budget jeglicher Handlungsspielraum.
ERFOLGE
Seit 2008 werden über den NRVP nicht-investive Maßnahmen mit drei Millionen Euro jährlich unterstützt. In diesem Rahmen wurde im Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) die Fahrradakademie eingerichtet, die wichtigste Errungenschaft des NRVP. Damit gibt es erstmals ein Institut, das Fortbildungen und Fachexkursionen im Bereich Radverkehrsplanung organisiert und Experten eine Plattform bietet, um sich regelmäßig auszutauschen. Außerdem wurde ein Portal zum NRVP aufgebaut sowie der Bund-Länder-Arbeitskreis “Fahrradverkehr” eingerichtet.
NEUER NRVP
Seit 2011 wird der NRVP weiter entwickelt. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer berief ein Expertengremium, um Empfehlungen zum neuen NRVP 2020 zu erarbeiten. Die Fachleute empfehlen, den NRVP 2020 zu einem Strategiepapier und Handlungsprogramm zu machen, das klare Ziele für den Ausbau des Radverkehrs benennt und ein angemessenes Budget erhält. Noch vor der Sommerpause wird wahrscheinlich das Bundeskabinett den neuen NRVP beschließen. Anschließend muss er vom Bundestag verabschiedet werden.
Zeit Online 10.5.2012