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Riemenantrieb: Erstes Velotraum mit Gates »Carbon Drive«

Der Zahnriemenantrieb wirft nicht nur viele Detailfragen auf, er wird bei uns bisher auch nicht sonderlich nachgefragt.

Ergänzungen und Aktualisierungen:
Bitte lesen Sie auch unsere Artikel »Kein Gates-Riemenantrieb bei Velotraum für 2010« vom 17. November 2009 und den Artikel »Velotraum mit Gates-Riemenantrieb ›überragend‹ getestet« vom 1. März 2010.

9. August 2010: Vorstellung des Velotraum-Rahmens »BD« für den Riemenantrieb »Gates Carbon Drive«.

Für einen experimentierfreudigen Brancheninsider haben wir nun das erste Rad mit dem »Carbon Drive« der Gates Corporation aus Denver fertig gestellt und ausgeliefert. Im Vorfeld waren viele, viele Informationen zu sammeln und Meinungen auszuwerten.

Vor dem Aufbau des Rades wurde ein »cross 7005 EX Plus«-Rahmen mit einer Trennung in der rechten Sitzstrebe versehen.

Entgegen der Auffassung anderer Hersteller, hat sich der eigentliche Einbau des Riemenantriebs als relativ unkompliziert erwiesen. Auch die Feinjustierung der »Kettenlinie« (mittels Unterlegscheiben) und das Spannen des Riemens durch den Exzenter verliefen recht problemlos. Das heißt, auch ohne Feinjustierung an den Ausfallenden ließ sich die Riemenflucht sauber einstellen. Damit bestätigten sich die Aussagen eines befreundeten holländischen Premium-Herstellers, der den Riemenantrieb nun schon seit mehreren Monaten ohne Probleme auf diese Art und Weise einsetzt.

Beim Probefahren mit Rohloff-Nabe fällt auf, dass die Nabe nicht mehr in den Pedalen spürbar ist und somit als ruhiger und leiser empfunden wird. Rein akustisch ist die Nabe aber unverändert präsent. Bis auf das ruhigere Tretgefühl, können wir bei den Testfahrten keine Unterschiede zur Kette feststellen, weder positive noch negative. Das »völlig neue Fahrgefühl«, das der Hersteller verspricht, können wir im Moment nicht bestätigen. In wie weit die Behauptungen zur Haltbarkeit (»bis zu 25.000 Km«) stimmen, muss die Praxis im Ganzjahreseinsatz zeigen. Ebenso, ob das System auch auf Dauer geräusch- und wartungsarm funktioniert.

Detailprobleme versus Potential

Die eigentlichen Probleme sehen wir im Moment mehr in der Handhabung. Die vielen Warnhinweise auf der Herstellerseite sprechen da für sich. Der Hightech-Riemen ist gegenüber Fehlmontage, unsachgemäßer Lagerung und Transport sowie gegen Verletzungen sehr empfindlich – wie alle Carbonwerkstoffe. So darf der Riemen nicht zu stark gebogen und verdreht werden, da sonst die Carbonfasern brechen und Sollbruchstellen entstehen. Das gleiche gilt natürlich für mechanische Verletzungen aller Art, beim Transport, Laufradausbau, Abstellen, Stürzen und so weiter. Aus diesem Grund wird der »Carbon Drive« zur Zeit auch bei Velotech auf genau diese Eigenschaften hin untersucht und getestet. Dass Gates diesen Test endlich machen lässt, ist unter anderem der Firma Rohloff zu verdanken, die dem Riemenantrieb sehr reserviert gegenübersteht und bisher keine Freigabe für die Kombination mit der Speedhub erteilt hat.

Neben den höheren Kosten ist natürlich auch die Flexibilität beim Riemenantrieb eng begrenzt und unvergleichlich aufwändiger. Mal kurz die Übersetzung ändern geht nicht. Was bleibt ist die Wartungsarmut, die sich noch in der Praxis beweisen muss und das bisher geringere Gewicht. Sollte es aber aus Haltbarkeitsgründen notwendig werden das hintere Zahnrad aus Stahl zu fertigen, bleibt davon nicht viel übrig.

Nüchtern betrachtet, sprechen also im Moment mehr Argumente gegen als für den Riemenantrieb. Zumindest dann, wenn man das Für und Wider gleich gewichtet und keine Vorschusslorbeeren verteilt.

Doch Ratio hin Ratio her, der neue Look ist einfach sehr cool. Vielleicht wird ja früher oder später ein über 100 Jahre altes Antriebssystem bei Nabenschaltungen abgelöst. Warum sich nicht vom ruhigen Lauf des Riemens und dem Sog des Neuen, Andersartigen mitnehmen lassen? ;-)

Für Velotraum ist klar, dass wir in keine Riemenantriebs-Euphorie verfallen werden, denn keiner von uns würde zur Zeit den Riemen in einem Reise- oder Tourenrad fahren wollen. Zu unflexibel, zu empfindlich und zu wenige Erfahrungswerte. In einem Alltags- und Stadtrad jedoch schon eher.

Im Riemenantrieb steckt durchaus eine Menge Potential. Daher arbeiten wir zur Zeit an einer quasi unsichtbaren, kosten- und funktionsneutralen Lösung zur Trennung des Hinterbaus (um den Endlosriemen einfädeln zu können). Diese Lösung werden wir hoffentlich auf der Eurobike präsentieren können und je nach Feedback entscheiden wir, ob, wann und welche Velotraum-Rahmen in Zukunft für den Riemenantrieb geeignet sein werden.

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