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Dorothee Flecks Velotraum nach 40.000 km Weltreise

Über die Globetrotterin Dorothee Fleck gäbe es viel zu schreiben. Wir beschränken uns an dieser Stelle auf die Geschichte, die ihr Fahrrad erzählt.

Nach zweieinhalb Jahren und über 40.000 Kilometer war es in der Velotraum-Werkstatt zur Generalüberholung.

Wo gehobelt wird, da fallen Späne: 40.000 Kilometer später

Wer hochwertige und meist auch hochpreisige Fahrradtechnik an sein Rad schraubt, erwartet völlig zu recht erstklassige Funktion, Zuverlässigkeit und Haltbarkeit. Allerdings verrutschen dabei manchmal die Maßstäbe auf beiden Seiten des Geschäfts. Wie oft müssen wir und unsere Partner bei Beratungsgesprächen ins Kraut schießende Haltbarkeits-Vorstellungen relativieren, andererseits können wir nur den Kopf schütteln über Haltbarkeits-Versprechen unserer Branche – Stichwort: lebenslange Garantie, wartungsfrei ….

Das Rad von Dorothee Fleck

ist ein schönes Beispiel dafür, was hochwertige Fahrradtechnik auch unter Extrembedingungen leisten kann, aber auch dafür, wo die Grenzen liegen, und dass auch Glück und Pech eine Rolle spielen.

Es ist schon das zweite Velotraum-Rad, mit dem die Globetrotterin nun zwei Jahre unterwegs war. Velotraum Nr.1 wurde vor der Dorothees zweiter Weltreise und nach 100.000 Kilometer in den Ruhestand versetzt bzw. ausgeschlachtet. Die Rohloffnabe (nach Generalüberholung bei Rohloff) wurden übernommen und hat nun weitere 40.000 Kilometer, also summa summarum 140.000 Kilometer auf den Getrieberädchen drauf…

cross crmo EX

Der Stahlrahmen hat die Reise völlig unbeeindruckt überstanden. Das hätten wir auch anders nicht erwartet, denn genau für diese Belastungen sind die Dinger ja konstruiert und ausgelegt. Lediglich der Beschichtung sind die Strapazen anzusehen, was aber okay ist, »denn schließlich erzählt jede Macke eine Geschichte« ;-).

Magura Menja

Die Federgabel fiel nach 30.000 Kilometern dem FAIV-Frontgepäckträger bzw. der Glasfaser-Armierung der Ortliebhaken – die auch acht Millimeter starke Alugepäckträgerstreben durchkriegt – zum Opfer. Durch den Verschleiß der Führungsbuchsen und des Führungsstabs aus Aluminium stützten sich die Befestigungshaken der Ortliebtaschen so peu à peu am Tauchrohr der Federgabel ab. Ein Prozess, der von Dorothee Fleck zunächst nicht bemerkt wurde, da sie meistens die Fronttaschen am Fahrrad lässt. Der faserverstärkte Kunststoff der Ortlieb-Taschenhaken ist extrem hart und scheuerte so vergleichsweise flott ein Loch in die Gabel… Magura USA schickte zwar umgehend Ersatz nach Sydney, dummerweise mit Firmtech- statt Cantileversockel. Zirka 4.000 Kilometer schleppte Dorothee die Ersatz-Gabel mit, um dann in El Chalten, Argentinien, die Gabel samt einer passenden Firmtech-Bremse einzubauen. Da es weit und breit keinen Fahrradladen gab, hat sie es weitgehendst alleine gemacht, was so einige Provisorien am Rad erklärt. Ein »schönes« Beispiel für »dumm gelaufen« und »kleine Ursache – große Wirkung«.

Magura HS33

Die Magura-Bremse wurde nach 35.000 Kilometern am Bremshebel undicht und musste gegen eine simple V-Brake getauscht werden. Wohl dem, der normale Cantilever-Sockel am Rahmen hat. Dass so ein Totalausfall nicht Magura-typisch ist, zeigen die zuvor völlig defektfreien Fleck-Erfahrungen mit der HS33. Die Botschaft lautet also nicht, Finger weg von Magura, sondern, technische Sackgassen, wo immer möglich, meiden.

Rohloff-Nabe

Die Speedhub-Nabe hatte die letzten 7.000 Kilometer Synchronisationsprobleme, so dass der Globetrotterin nur noch acht Gänge (1,2,3,5,8,9,10,12) zur Verfügung standen. Während wir hier in unserer Praxis eher mal Problem mit der externen Schaltbox haben (Korrosion und Verschmutzung bei nicht regelmäßiger Wartung…), schwört Dorothee Fleck auf die externe Schaltbox, speziell beim extrem feinen und überall eindringenden, australischen »bull dust«.

Logo und Faiv

Der Tubus-Träger wurde seinem exzellentem Marken-Ruf gerecht und hat die ganze Reise gehalten, bis auf die unvermeidbare Reise-Patina. Auch die Grundkonstruktion des FAIV hat prima gehalten. Der Verschleiß der Führungskonstruktion und die daraus resultierenden Folgeschäden, hätten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch den optional erhältlichen Exepditionskit verhindert werden können.

Felgen und Reifen

Unglaublich, die eigentlich nicht für die Rohloff-Nabe empfohlene Sun-Felge ist zwar nach der Globusumrundung an der Verschleißgrenze angekommen, hat aber die Reise ansonsten anstandslos überstanden. Auch von Speichenbrüchen ist Dorothee Fleck auf den 40.000 Kilometer komplett verschont geblieben. Für uns ist das nicht nur ein Nachweis für die Güte unseres Laufradbaus, sondern auch ein weiteres Indiz dafür, dass Laufradprobleme überwiegend von Qualitätsschwankungen bei den Felgen und Speichen verursacht werden. Umgekehrt wäre es uns fast lieber, denn dann könnten wir was ändern…. Die diversen auf der Tour gefahrenen Schwalbe Mondial-Reifen haben ihr Produktversprechen ebenfalls bravourös eingelöst.

Cockpit, Steuersatz

Vorbau, Lenker, Griffe zeigen zwar Verschleißspuren sind aber alles noch Originalteile und auch der Acros-Steuersatz benötigte nur eine neue Fettpackung nach 40.000 Kilometer. – Merke: Es muss nicht immer Chris King sein….

Antrieb

Verbrauchsmaterialien im Antriebsstrang: zwei oder drei Kettenblätter, zwei Ritzel, zwei Paar Pedale und drei Innenlager. Die Sugino-Kurbel selbst ist noch das Originalteil.

Die meisten Radreisenden

und Vielfahrer werden (und sollten) ihr Material sicherlich nie so lange ohne fundierte Wartung nutzen, wodurch quasi alle hier geschilderten Defekte schon im Ansatz hätten verhindert werden können. Für Extremnutzer, dazu gehören nicht nur Langzeitreisende, sondern auch die nicht pflegenden Viel- und Alltagsfahrer – zynische Zungen sprechen schon mal von technischer Indolenz – sowie sehr schwere Fahrer, müssen einfach damit leben, dass mal was kaputt geht. Dorothee Fleck hatte damit noch nie Probleme, viel wichtiger ist ihr: »Was für ein Service kommt dann?«

Wobei die erfahrene Globetrotterin betont, dass man nicht immer und überall einen Service erwarten kann, »darum ist es gut zu wissen, wie man sich auch selbst helfen kann«.

Schwund und Genuss

Auch für viel Geld gibt es keine Fahrradtechnik, die die Strapazen einer solchen Tour garantiert ohne Defekte übersteht – ein bisschen Schwund ist immer. Ein gutes Rad erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, mit sehr wenigen Defekten unterwegs zu sein, selbst unter extremen Bedingungen. Ein wesentlicher Vorteil eines hochwertigen und gut gemachten Fahrrads besteht ja nicht nur in der höheren Zuverlässigkeit, sondern in den besseren Fahreigenschaften, speziell unter harschen Bedingungen und mit viel Gepäck.

Es ist ein wenig wie beim Essengehen: Ein frisch und sorgfältig zubereitetes Essen mit guten Zutaten macht auch nicht länger satt als Billigfraß und Fastfood. Allerdings honoriert man ein anderes (Werte)System und wer zum Genuss fähig ist, nährt auch seine Seele, oder: »wer nicht genießt, ist ungenießbar« (Konstantin Wecker) ;-)

Den ersten Vortag über ihre zweite Weltreise hält die Globetrotterin am 07. November in Steinen, Landkreis Lörrach.

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