Alltagsradler-Glücksgefühle an einem Dezembermorgen
Auch im Winter: was für ein Privileg und Genuss mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu können.
Insbesondere, wenn ein Bilderbuch-Wintertag eine Stimmung hervorzaubert, die einen schon bei der Fahrt zur Arbeit mit Glückshormonen flutet.
Kommentare
Richtig! schreibt am 12. Dezember 2013
… genau aus den o. g. Gründen fahre ich zu allen vier Jahreszeiten mit dem Rad. Und das seit Jahren mit einem Eigenaufbau, der mich gerade mal 620 € gekostet hat. Dieser Gaul (natürlich kein Velotraum… wird’s auch nie werden!) hat mich und mein Gepäck seit mittlerweile 11 Jahren und vielen tausend Kilometern zuverlässig durch Deutschland und darüber hinaus begleitet. Wenn, in diesem Fall das Fahrrad, als neuronal-konstruiertes Statussymbol an Stellenwert verliert, dann wird der Kopf frei für die wirklich wichtigen Dinge; in dem Fall die, Zitat: “Bilderbuch-Wintertag(e)”.
Gute Fahrt!
Der matte Hans schreibt am 12. Dezember 2013
Nun, ja… Ich muss täglich so gegen 8.30 Uhr an meinem Arbeitsplatz in der Großstadt sein, und vor 18 Uhr komme ich selten aus dem Büro. Von November bis März heißt dass: Im Stockdunklen aus dem Haus auf die Straße, im Stockdunklen aus dem Büro auf die Straße – 20 km eine Wegstrecke. Die führt zu 70 Prozent durch hässliche Vororte und und über häufig von Schwerlastern befahrene Nebenstrecken, ohne Straßenbeleuchtung (ich habe alle erdenklichen Alternativrouten ausprobiert, sie liegen alle zwischen Skylla und Charybdis…). Eine Dusche am Arbeitsplatz gibt es nicht. Also komme ich – wenn ich denn mit dem Rad fahre – verschwitzt und je nach Wetterlage auch verdreckt im Büro ab. Deshalb hängen dort zwei komplette Anzuggarnituren im Schrank, für alle Fälle. Notdürftig waschen oder abtrocknen kann ich mich im Herrenklo, zwei Treppen höher. Auf dem Rückweg nach Hause (für den ich mit meinen durchaus trainierten 55 Jahren wegen der knackigen Höhenmeter doch fast anderthalb Stunden brauche) in jedem Fall gut “durchgefeuchtet” an. Aber das ist ja egal, da wartet ein funktionstüchtiges Badezimmer auf mich. Am meisten belasten mich an solchen “Genusstagen” mit dem Rad zur Arbeit die Autoabgase, die ich natürlich ungefiltert abkriege, insbesondere an den überaus zahlreichen Ampeln. Die sind so getaktet, dass ich sie “legal” (also noch bei gelb) in der Regel nicht rechtzeitig packe. In meiner Stadt hat sich die Polizei auf Radfahrer spezialisiert: Also stehe ich, “atme durch” und erhöhe mein Lungenkrebs-Risiko mit jedem Zug an der frischen Luft… Nein, liebe Freunde, das alles ist KEIN Vergnügen, auch wenn ich mit einem Velotraum-Rad der Extra-Klasse, mit SON-Dynamo und allen Schikanen, unterwegs bin (alternativ mit einem Utopia-Roadster, wenn ich es ein bisschen gemütlicher und noch langsamer haben will – man müsste halt in Weil der Stadt leben und arbeiten und nicht in einer NRW-Metropole. Trotzdem greife ich morgens immer wieder zum Rad, nämlich dann, wenn der Verkehrsfunk die Staus ab 6 Kilometer Länge meldet, die alle auf meiner Strecke liegen, egal, welche ich nehme (es geht immer über eine der Rheinbrücken), so habe ich wenigstens eine Illusion von Freiheit – Abenteuer (siehe oben) inklusive, auch ohne Marlboro oder Camel. So sehen meine “Bilderbuch-Wintertage” aus. P. S.: Neulich las ich in einer Buchhandlung den Satz: “Sich mit der Realität zu konfrontieren, macht noch nicht fähig, sie auszuhalten.” Ich über noch. 12 Arbeitsjahre habe ich ja noch vor mir…
Stefan Stiener von Velotraum schreibt am 12. Dezember 2013
Chapeau »matter Hans«,
da bin ich ja der reinste »Warmduscher«. Allerdings ist mir das Privileg, auf meinem Arbeitsweg (und das gilt für fast alle Veloträumer) überwiegen durch eine wunderschöne Kulturlandschaft fahren zu können, sehr bewusst. Auch das Netz an ruhigen landwirtschaftlichen Nebenwegen ist hier schlicht hervorragend.
Alles keine Selbstverständlichkeit so nah am dicht besiedelten Ballungsraum Stuttgart – Bevölkerdichte: 342 Einw./km² (pdf) – und einem Epizentrum der Autoindustrie. Auch wenn wir hier im pekuniären Schlaraffenland leben, das Radfahrer-Paradies gibt’s auch hier nur punktuell. Aber immerhin kann ich mir die Arbeitszeit ziemlich frei einteilen: von Montag bis Sonntag zwischen 6:00 und 24:00 Uhr ;-)
Der matte Hans schreibt am 12. Dezember 2013
Lieber Stefan Stiener: “Mer muss och jönne könne”, sagt der gemeine Kölner – und lässt seine ehemals stolze Stadt weiter verrotten, vergammeln und verpesten im täglichen Verkehrsinferno. Ich bin nicht stolz darauf, mich da tagtäglich durchzukämpfen und würde lieber mit Ihnen zusammen “warmduschen” – rein velotechnisch gesehen.
Michel schreibt am 13. Dezember 2013
Na, dann oute ich mir hier auch mal als “Warmduscher”. Ganzjahresfahrer, 11 Kilometer ein Weg, fast keine Steigungen, von der Haustür ab immer auf Landwirtschaftswegen durch Naturschutzgebiete und eine längere Strecke auf den Leinpfaden am Kanal entlang. Das alles am Rande des östlichen Ruhrgebietes, Übergang vom Münsterland ins Ruhrgebiet. Ich genieße diese Fahrten immer wieder aufs neue und bin auch jedesmal dankbar, dass wir in einer Gegend wohnen, wo es das geht, wohin man gemeinhin keine großartige Natur verorten würde. Und es sind mal wieder die kleinen Dinge, die die Sache so wertvoll machet: Die Ruhe, jede Menge Tiere, gute Luft…kurzum, man fühlt sich wohl.
Das Ganze mit einem Rad aus Weil der Satdt. In der dunklen Jahreszeit kommt zum Edelux noch eine Fenix LD 20 an den Lenker, quasi als Fernlicht. Damit hat man dann wirklich genügend Licht, um auch auf komplett unbeleuchteten Wegen sicher unterwegs zu sein.
Stress gibt’s nur in der Stadt. Die hiesigen Autofahrer können es nur schlecht akzeptieren, dass nach und nach immer mehr Radwege nicht benutzungspflichtig sind. (Ich bin da schon Dauerkunde bei der örtlichen Stadtverwaltung…)
»Treten, atmen, rollen. Isarabwärts fährt sich’s ja wie von allein. Die ganze Stadt als Film, und alles in Cinemascope, mit Dolby-Surround-Sound: Kette surrt, Ritzelglitzern, Isarflimmern, die Sonne kommt im März auch wieder am Morgen hinter den Bäumen hoch, und die ersten Vögel kommen zurück: jeden Morgen Open-air. . .«
Ein ironisches Sonderlob für unseren (bisherigen, zukünftigen?) Automobilminister Peter Ramsauer gibt’s auch: Er selbst hatte eine Studie in Auftrag gegeben, die ihm aber nach der Anfertigung nicht wirklich gefiel. Der Bund wurde darin nämlich »aufgefordert, dringend zu überprüfen, ob die innerstädtische Regelhöchstgeschwindigkeit von Tempo 50 in Anbetracht des zunehmenden Radverkehrs noch zeitgemäß ist.«
Der matte Hans schreibt am 13. Dezember 2013
Wenn ich Eure Kommentare so lese, muss ich wohl erkennen, dass ich so ziemlich alles falsch gemacht habe in meinem Leben: falscher Wohnort, falscher Beruf (ein Bürojob von “Stockdunkel” bis “Stockdunkel”, von Stau zu Stau, reglementierte Arbeitszeiten) – und sonst noch so Einiges, von dem ich lieber schweigen will. Nur EINES habe ich richtig gemacht: Ich habe mir ein Velotraum-Fahrrad gekauft! Darum pflege ich es, passe gut auf es auf und fürchte (frei nach Brecht) von jedem Regentropfen, dass er ihm eine Beule ins Schutzblech schlagen könnte. Räder aus Weil der Stadt: Inspiration zu reinster Poesie, Sublimierung aller Leiden in Alu und Stahl…
auch Hans, aber nicht der matte schreibt am 13. Dezember 2013
Wenn ich Eure Kommentare so lese, muss ich wohl erkennen, ziemliches Geschwafel, nicht wahr! Und wenn ich lese “…das Fahrrad, als neuronal-konstruiertes Statussymbol…”, dann … ja dann kann ich nur noch lachen. Mein VT ist mein Werkzeug – und ich liebe gutes Werkzeug, wenn ich schon damit arbeite. Gute Fahrt.
Sieglinde schreibt am 14. Dezember 2013
Fahrradkuriere (keim Zweifel, Hans, aber nicht der matte, muss zu diesem Berufsstand gehören, da er uns wissen lässt: “Mein VT ist mein Werkzeug – und ich liebe gutes Werkzeug, wenn ich schon damit arbeite”) verstehen ja bekanntlich selten mal einen Spaß…
Heinz schreibt am 14. Dezember 2013
…und einen Sinn für Poesie oder Freude an “Velosophie” haben die auch nicht. Fahren halt immer nur von A nach B mit ihrem zweirädrigen Werkzeug und gut is. Ab und zu zeigen Sie den Anderen im Straßenverkehr oder im Forum dann noch einen Vogel und pöbeln ein bisschen rum. Aber wie sagte schon “der matte Hans”: Man muss och jönne könne! In diesem Sinne, auch allen anderen Hänsen: gute Fahrt.
Stefan schreibt am 14. Dezember 2013
Naja, bei mir ist es so ein Mittelding zwischen Poesie und Frustration. Von 14*2 Km gehen etwa 11 Km auf geteerten Wegen durch den Wald. Sehr schon auch im Winter; bis auf paar geistig Minderbemittelte, die durch einen sehr dunkeln Wald ohne Licht fahren. Dank Luxos U sehe inzwischen auch diese Experten ausreichend früh.
Dann fahre ich durch die Baustellenlandschaft einer selbsternannten Fahrradstadt im Südwesten, die eine langgehegte “Feindschaft” mit Stuttgart pflegt. Das fällt meist eher unter bescheiden, da man zwangsweise durch die Innenstadt fährt. Fahrradstraßen, die nicht funktionieren, Radwege werden massenweise zugeparkt, neue Radwege auf einer neu gemachten Innenstadtstraße immer wieder unterbrochen. Die Ustrab-Baustelle erhöht mit ihren stetig geänderten Verkehrsführung sorgt für extra-Spass. Dumm auch das Radwege in der Innenstadt fast grundsätzlich von netten Radlern in Gegenrichtung und ohne Licht befahren werden, was für Radler mit Kinderanhängern ein echten Spass bedeutet. Das Kernproblem in den Innenstädten ist allerdings meist, dass immer mehr sich nicht mehr in den gegenüber reindenken können. Legendär sind da immer wieder Autofahrer, die den Abgesenkten Bereich bei Radwegen von der Straßenseite zuparken und nicht begreifen das das hohe Bordsteinkanten für Radler mit Kinderanhängern ein merkliches Problem darstellen (Absolutes Halteverbot ist in diesen Kreuzungsbereichen auch).
R.K. vom südl. Niederrhein schreibt am 14. Dezember 2013
Also Leute, muß nun doch was loswerden…., vonwegen ziemliches Geschwafel. Solche Texte wurden übers Autofahren nie geschrieben, höchstens diesen hier, ich nehm wohl an (bin mir fast sicher) das der Autor Radler ist.
Damit noch mehr Geschwafelt wird, habe ich noch ein Zitat aus einem Aufsatz von 1981………………………..
“Reisen ist die bequemste Flucht aus allen Neurosen. Wer mit dem Auto reist, erlebt die Bewegung, spürt aber nicht seinen Körper. Wer wandert, spürt seinen Körper, bewegt sich aber nur mühsam. Wer mit dem Rade reist, spürt seinen Körper und spürt doch auch, wie er leicht wird dabei. Wer morgens losfährt, gereizt und unwirsch, ist am Abend müde, mit sich selbst zufrieden, ohne Gedanken – so etwas nennt man dann einen glücklichen Tag.”
Benjamin Heinrichs in: Alle Macht den Rädern
aus „die Zeit“ vom 15. Mai 1981
Dieses Zitat oder Auszug fällt mir jedesmal spontan ein, wenn ich Berichte von Reise- und von Alltagradlern lese.
Liebes Veloradteam, entschuldigt bitte das ich einen Link eingesetzt habe…., aber ich wollte den matten Hans etwas aufmuntern.
Der matte Hans schreibt am 14. Dezember 2013
Lieber R. K. vom südlichen Niederrhein, Dank sei Dir ! – glücklich, wer solche Mitforisten hat: Benjamin Heinrichs bringt “es” so auf den Punkt, dass man es wahrlich nicht treffender sagen könnte. Und ich bestätige: Ohne so manchen Velotag-Traum bzw. Velotraum-Tag (auch bei bedeckter und kalter Wetterlage) wäre ich wohl schon lange in der Düsternis meines melancholischen Gemütes versunken und gar nicht mehr aufgetaucht. So aber pedaliere ich mich immer wieder – wenn auch zuweilen mit Mühe – in die lebensfreundliche Zone der Normalpathologie hinauf und hoffe auf hellere Tage. Am heutigen Vorabend des 3. Advents hast Du mir, lieber R. K., jedenfalls ein Lichtlein angesteckt, und man sieht: Es muss nicht immer gleich ein Luxos oder ein SON-Edellux sein ;-) Und letztlich hat “auch Hans, aber nicht der matte” schon Recht mit seiner Rede vom Rad als Werkzeug: als einem Werkzeug nämlich der Ertüchtigung – nicht nur des Körpers, sondern vor allem der Seele!
Erebos H. Tartaros schreibt am 20. Dezember 2013
»Gutgelaunte haben im Körper höhere Anteile der Glückshormone Serotonin und Dopamin.«
Zum Stichwort Start in den Tag und emotionale Selbstkontrolle:
Thomas Fischer aus Calw-Stammheim schreibt am 20. Dezember 2013
Ein gutes Rad, gute Beleuchtung, gute Kleidung… und dann noch ein farbenprächtiger Sonnenaufgang im Osten und gleichzeitig der Vollmond am noch dunklen, klaren Himmel im Westen…! Was will man mehr?! Purer Genuss!!! Ich wünsche allen, im Besonderen auf diesem Wege natürlich auch dem Velotraum-Team, ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Tage und einen guten Start in ein erfolgreiches neues Jahr voller Glücksgefühle!
Stefandraussen schreibt am 15. April 2014
Berlin: Fahre ganzjährig quer durch Berlin (2×7km) ins Regierungsviertel zur Arbeit (nicht als Teil der Regierung). Der Sonnenaufgang im Winter auf der Brücke vor dem Bundestag ist jeden Morgen schön. Trotz Jahreskarte des ÖPNV vom Arbeitgeber fahre ich freiwillig auch bei strömendem Regen. Allerdings dann von Kopf bis Fuß in Goretex gekleidet (Die Fahrrad-Stilpolizei bleibt bei Regen meist drinnen). Fahrradfahren macht glücklich.
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… genau aus den o. g. Gründen fahre ich zu allen vier Jahreszeiten mit dem Rad. Und das seit Jahren mit einem Eigenaufbau, der mich gerade mal 620 € gekostet hat. Dieser Gaul (natürlich kein Velotraum… wird’s auch nie werden!) hat mich und mein Gepäck seit mittlerweile 11 Jahren und vielen tausend Kilometern zuverlässig durch Deutschland und darüber hinaus begleitet. Wenn, in diesem Fall das Fahrrad, als neuronal-konstruiertes Statussymbol an Stellenwert verliert, dann wird der Kopf frei für die wirklich wichtigen Dinge; in dem Fall die, Zitat: “Bilderbuch-Wintertag(e)”.
Gute Fahrt!
Nun, ja… Ich muss täglich so gegen 8.30 Uhr an meinem Arbeitsplatz in der Großstadt sein, und vor 18 Uhr komme ich selten aus dem Büro. Von November bis März heißt dass: Im Stockdunklen aus dem Haus auf die Straße, im Stockdunklen aus dem Büro auf die Straße – 20 km eine Wegstrecke. Die führt zu 70 Prozent durch hässliche Vororte und und über häufig von Schwerlastern befahrene Nebenstrecken, ohne Straßenbeleuchtung (ich habe alle erdenklichen Alternativrouten ausprobiert, sie liegen alle zwischen Skylla und Charybdis…). Eine Dusche am Arbeitsplatz gibt es nicht. Also komme ich – wenn ich denn mit dem Rad fahre – verschwitzt und je nach Wetterlage auch verdreckt im Büro ab. Deshalb hängen dort zwei komplette Anzuggarnituren im Schrank, für alle Fälle. Notdürftig waschen oder abtrocknen kann ich mich im Herrenklo, zwei Treppen höher. Auf dem Rückweg nach Hause (für den ich mit meinen durchaus trainierten 55 Jahren wegen der knackigen Höhenmeter doch fast anderthalb Stunden brauche) in jedem Fall gut “durchgefeuchtet” an. Aber das ist ja egal, da wartet ein funktionstüchtiges Badezimmer auf mich. Am meisten belasten mich an solchen “Genusstagen” mit dem Rad zur Arbeit die Autoabgase, die ich natürlich ungefiltert abkriege, insbesondere an den überaus zahlreichen Ampeln. Die sind so getaktet, dass ich sie “legal” (also noch bei gelb) in der Regel nicht rechtzeitig packe. In meiner Stadt hat sich die Polizei auf Radfahrer spezialisiert: Also stehe ich, “atme durch” und erhöhe mein Lungenkrebs-Risiko mit jedem Zug an der frischen Luft… Nein, liebe Freunde, das alles ist KEIN Vergnügen, auch wenn ich mit einem Velotraum-Rad der Extra-Klasse, mit SON-Dynamo und allen Schikanen, unterwegs bin (alternativ mit einem Utopia-Roadster, wenn ich es ein bisschen gemütlicher und noch langsamer haben will – man müsste halt in Weil der Stadt leben und arbeiten und nicht in einer NRW-Metropole. Trotzdem greife ich morgens immer wieder zum Rad, nämlich dann, wenn der Verkehrsfunk die Staus ab 6 Kilometer Länge meldet, die alle auf meiner Strecke liegen, egal, welche ich nehme (es geht immer über eine der Rheinbrücken), so habe ich wenigstens eine Illusion von Freiheit – Abenteuer (siehe oben) inklusive, auch ohne Marlboro oder Camel. So sehen meine “Bilderbuch-Wintertage” aus. P. S.: Neulich las ich in einer Buchhandlung den Satz: “Sich mit der Realität zu konfrontieren, macht noch nicht fähig, sie auszuhalten.” Ich über noch. 12 Arbeitsjahre habe ich ja noch vor mir…
Chapeau »matter Hans«,
da bin ich ja der reinste »Warmduscher«. Allerdings ist mir das Privileg, auf meinem Arbeitsweg (und das gilt für fast alle Veloträumer) überwiegen durch eine wunderschöne Kulturlandschaft fahren zu können, sehr bewusst. Auch das Netz an ruhigen landwirtschaftlichen Nebenwegen ist hier schlicht hervorragend.
Alles keine Selbstverständlichkeit so nah am dicht besiedelten Ballungsraum Stuttgart – Bevölkerdichte: 342 Einw./km² (pdf) – und einem Epizentrum der Autoindustrie. Auch wenn wir hier im pekuniären Schlaraffenland leben, das Radfahrer-Paradies gibt’s auch hier nur punktuell. Aber immerhin kann ich mir die Arbeitszeit ziemlich frei einteilen: von Montag bis Sonntag zwischen 6:00 und 24:00 Uhr ;-)
Lieber Stefan Stiener: “Mer muss och jönne könne”, sagt der gemeine Kölner – und lässt seine ehemals stolze Stadt weiter verrotten, vergammeln und verpesten im täglichen Verkehrsinferno. Ich bin nicht stolz darauf, mich da tagtäglich durchzukämpfen und würde lieber mit Ihnen zusammen “warmduschen” – rein velotechnisch gesehen.
Na, dann oute ich mir hier auch mal als “Warmduscher”. Ganzjahresfahrer, 11 Kilometer ein Weg, fast keine Steigungen, von der Haustür ab immer auf Landwirtschaftswegen durch Naturschutzgebiete und eine längere Strecke auf den Leinpfaden am Kanal entlang. Das alles am Rande des östlichen Ruhrgebietes, Übergang vom Münsterland ins Ruhrgebiet. Ich genieße diese Fahrten immer wieder aufs neue und bin auch jedesmal dankbar, dass wir in einer Gegend wohnen, wo es das geht, wohin man gemeinhin keine großartige Natur verorten würde. Und es sind mal wieder die kleinen Dinge, die die Sache so wertvoll machet: Die Ruhe, jede Menge Tiere, gute Luft…kurzum, man fühlt sich wohl.
Das Ganze mit einem Rad aus Weil der Satdt. In der dunklen Jahreszeit kommt zum Edelux noch eine Fenix LD 20 an den Lenker, quasi als Fernlicht. Damit hat man dann wirklich genügend Licht, um auch auf komplett unbeleuchteten Wegen sicher unterwegs zu sein.
Stress gibt’s nur in der Stadt. Die hiesigen Autofahrer können es nur schlecht akzeptieren, dass nach und nach immer mehr Radwege nicht benutzungspflichtig sind. (Ich bin da schon Dauerkunde bei der örtlichen Stadtverwaltung…)
Möchte in diesem Zusammenhang aufmerksam machen auf einen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung vom Januar 2013: Über die Lebensfreude beim Fahrradfahren im Winter
»Treten, atmen, rollen. Isarabwärts fährt sich’s ja wie von allein. Die ganze Stadt als Film, und alles in Cinemascope, mit Dolby-Surround-Sound: Kette surrt, Ritzelglitzern, Isarflimmern, die Sonne kommt im März auch wieder am Morgen hinter den Bäumen hoch, und die ersten Vögel kommen zurück: jeden Morgen Open-air. . .«
Ein ironisches Sonderlob für unseren (bisherigen, zukünftigen?) Automobilminister Peter Ramsauer gibt’s auch: Er selbst hatte eine Studie in Auftrag gegeben, die ihm aber nach der Anfertigung nicht wirklich gefiel. Der Bund wurde darin nämlich »aufgefordert, dringend zu überprüfen, ob die innerstädtische Regelhöchstgeschwindigkeit von Tempo 50 in Anbetracht des zunehmenden Radverkehrs noch zeitgemäß ist.«
Wenn ich Eure Kommentare so lese, muss ich wohl erkennen, dass ich so ziemlich alles falsch gemacht habe in meinem Leben: falscher Wohnort, falscher Beruf (ein Bürojob von “Stockdunkel” bis “Stockdunkel”, von Stau zu Stau, reglementierte Arbeitszeiten) – und sonst noch so Einiges, von dem ich lieber schweigen will. Nur EINES habe ich richtig gemacht: Ich habe mir ein Velotraum-Fahrrad gekauft! Darum pflege ich es, passe gut auf es auf und fürchte (frei nach Brecht) von jedem Regentropfen, dass er ihm eine Beule ins Schutzblech schlagen könnte. Räder aus Weil der Stadt: Inspiration zu reinster Poesie, Sublimierung aller Leiden in Alu und Stahl…
Wenn ich Eure Kommentare so lese, muss ich wohl erkennen, ziemliches Geschwafel, nicht wahr! Und wenn ich lese “…das Fahrrad, als neuronal-konstruiertes Statussymbol…”, dann … ja dann kann ich nur noch lachen. Mein VT ist mein Werkzeug – und ich liebe gutes Werkzeug, wenn ich schon damit arbeite. Gute Fahrt.
Fahrradkuriere (keim Zweifel, Hans, aber nicht der matte, muss zu diesem Berufsstand gehören, da er uns wissen lässt: “Mein VT ist mein Werkzeug – und ich liebe gutes Werkzeug, wenn ich schon damit arbeite”) verstehen ja bekanntlich selten mal einen Spaß…
…und einen Sinn für Poesie oder Freude an “Velosophie” haben die auch nicht. Fahren halt immer nur von A nach B mit ihrem zweirädrigen Werkzeug und gut is. Ab und zu zeigen Sie den Anderen im Straßenverkehr oder im Forum dann noch einen Vogel und pöbeln ein bisschen rum. Aber wie sagte schon “der matte Hans”: Man muss och jönne könne! In diesem Sinne, auch allen anderen Hänsen: gute Fahrt.
Naja, bei mir ist es so ein Mittelding zwischen Poesie und Frustration. Von 14*2 Km gehen etwa 11 Km auf geteerten Wegen durch den Wald. Sehr schon auch im Winter; bis auf paar geistig Minderbemittelte, die durch einen sehr dunkeln Wald ohne Licht fahren. Dank Luxos U sehe inzwischen auch diese Experten ausreichend früh.
Dann fahre ich durch die Baustellenlandschaft einer selbsternannten Fahrradstadt im Südwesten, die eine langgehegte “Feindschaft” mit Stuttgart pflegt. Das fällt meist eher unter bescheiden, da man zwangsweise durch die Innenstadt fährt. Fahrradstraßen, die nicht funktionieren, Radwege werden massenweise zugeparkt, neue Radwege auf einer neu gemachten Innenstadtstraße immer wieder unterbrochen. Die Ustrab-Baustelle erhöht mit ihren stetig geänderten Verkehrsführung sorgt für extra-Spass. Dumm auch das Radwege in der Innenstadt fast grundsätzlich von netten Radlern in Gegenrichtung und ohne Licht befahren werden, was für Radler mit Kinderanhängern ein echten Spass bedeutet. Das Kernproblem in den Innenstädten ist allerdings meist, dass immer mehr sich nicht mehr in den gegenüber reindenken können. Legendär sind da immer wieder Autofahrer, die den Abgesenkten Bereich bei Radwegen von der Straßenseite zuparken und nicht begreifen das das hohe Bordsteinkanten für Radler mit Kinderanhängern ein merkliches Problem darstellen (Absolutes Halteverbot ist in diesen Kreuzungsbereichen auch).
Also Leute, muß nun doch was loswerden…., vonwegen ziemliches Geschwafel. Solche Texte wurden übers Autofahren nie geschrieben, höchstens diesen hier, ich nehm wohl an (bin mir fast sicher) das der Autor Radler ist.
Damit noch mehr Geschwafelt wird, habe ich noch ein Zitat aus einem Aufsatz von 1981………………………..
“Reisen ist die bequemste Flucht aus allen Neurosen. Wer mit dem Auto reist, erlebt die Bewegung, spürt aber nicht seinen Körper. Wer wandert, spürt seinen Körper, bewegt sich aber nur mühsam. Wer mit dem Rade reist, spürt seinen Körper und spürt doch auch, wie er leicht wird dabei. Wer morgens losfährt, gereizt und unwirsch, ist am Abend müde, mit sich selbst zufrieden, ohne Gedanken – so etwas nennt man dann einen glücklichen Tag.”
Benjamin Heinrichs in: Alle Macht den Rädern
aus „die Zeit“ vom 15. Mai 1981
Dieses Zitat oder Auszug fällt mir jedesmal spontan ein, wenn ich Berichte von Reise- und von Alltagradlern lese.
Liebes Veloradteam, entschuldigt bitte das ich einen Link eingesetzt habe…., aber ich wollte den matten Hans etwas aufmuntern.
Lieber R. K. vom südlichen Niederrhein, Dank sei Dir ! – glücklich, wer solche Mitforisten hat: Benjamin Heinrichs bringt “es” so auf den Punkt, dass man es wahrlich nicht treffender sagen könnte. Und ich bestätige: Ohne so manchen Velotag-Traum bzw. Velotraum-Tag (auch bei bedeckter und kalter Wetterlage) wäre ich wohl schon lange in der Düsternis meines melancholischen Gemütes versunken und gar nicht mehr aufgetaucht. So aber pedaliere ich mich immer wieder – wenn auch zuweilen mit Mühe – in die lebensfreundliche Zone der Normalpathologie hinauf und hoffe auf hellere Tage. Am heutigen Vorabend des 3. Advents hast Du mir, lieber R. K., jedenfalls ein Lichtlein angesteckt, und man sieht: Es muss nicht immer gleich ein Luxos oder ein SON-Edellux sein ;-) Und letztlich hat “auch Hans, aber nicht der matte” schon Recht mit seiner Rede vom Rad als Werkzeug: als einem Werkzeug nämlich der Ertüchtigung – nicht nur des Körpers, sondern vor allem der Seele!
»Gutgelaunte haben im Körper höhere Anteile der Glückshormone Serotonin und Dopamin.«
Zum Stichwort Start in den Tag und emotionale Selbstkontrolle:
Winter-Blues ade: Rauf aufs Stimmungshoch
Von Stefanie Maeck (Spiegel Online)
Ein gutes Rad, gute Beleuchtung, gute Kleidung… und dann noch ein farbenprächtiger Sonnenaufgang im Osten und gleichzeitig der Vollmond am noch dunklen, klaren Himmel im Westen…! Was will man mehr?! Purer Genuss!!! Ich wünsche allen, im Besonderen auf diesem Wege natürlich auch dem Velotraum-Team, ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Tage und einen guten Start in ein erfolgreiches neues Jahr voller Glücksgefühle!
Berlin: Fahre ganzjährig quer durch Berlin (2×7km) ins Regierungsviertel zur Arbeit (nicht als Teil der Regierung). Der Sonnenaufgang im Winter auf der Brücke vor dem Bundestag ist jeden Morgen schön. Trotz Jahreskarte des ÖPNV vom Arbeitgeber fahre ich freiwillig auch bei strömendem Regen. Allerdings dann von Kopf bis Fuß in Goretex gekleidet (Die Fahrrad-Stilpolizei bleibt bei Regen meist drinnen). Fahrradfahren macht glücklich.