Selbst der mediale Katastrophen-Modus schwächelt etwas in der Ferienzeit, und so gibt es Platz für die kleinen Abenteuer des Alltags.

Wobei speziell die Deutsche Bahn sowohl die Alltagstrivialität als auch die breit aufgestellte Katastrophe spielerisch auf ein Gleis bekommt.
Unter der Rubik »Deutschland per Rad« war unlängst in der FAZ eine amüsante Glosse zu lesen: Turbulenzen im Nahverkehr. Nicht nur beim Stichwort »Tortur« hat sich der Chronist aufs Wunderbarste wiedergefunden :-)
Die eigentliche Überraschung beim Lesen: Im Artikel taucht völlig unerwartet ein zirka 20 Jahre altes, schneeweißes Velotraum-Rad auf. Wie dieses Foto den Weg in die FAZ-Bildredaktion gefunden hat, wissen wir allerdings auch nicht :-)
Auf die Einstellung kommt es an
Einen wiederholten Selbsttest – die Hoffnung stirbt zuletzt – zu diesem Thema machte der Chronist auf einer Horror-Bahnfahrt nach Oberpframmern (östlich von München). Aber was heißt hier Horror-Erlebnis – Nach dem Lesen des Artikels und der Leserzuschriften reifte in mir die Erkenntnis, dass ich einfach mit der falschen Einstellung unterwegs war. Innerlich leiste ich noch heute Abbitte für die Flüche und Verwünschungen, mit der ich die Bahn an diesem Tag bedachte. Denn ich wollte – völlig naiv – lediglich effizient und komfortabel von A nach B kommen … Damit habe ich mir den Blick auf das Wesentliche verstellt, wie zum Beispiel das Gratis-Abenteuer, die Zen-Übung und die Teilhabe an einem Sozial-Experiment ;-)
Ironie und Sarkasmus beiseite gelassen würde ich den drei unterschiedlichen Mobilitätsvarianten folgende Schulnoten geben:
- Sehr gut für die 80 Kilometer Fahrradstrecke, denn wo ist das Erleben bei vergleichsweise großer Reichweite so intensiv, selbstbestimmt und so sozial- wie umweltverträglich.
- Mangelhaft für die 200 Kilometer mit der Bahn, denn so ziemlich alles – außer dem kleineren CO2-Abdruck – ist bei dem vermeintlichen Dream Team Fahrrad&Bahn eine schiere Zumutung.
- Befriedigend für die 240 Kilometer mit dem Auto, denn abgesehen von dem größten CO2-Abdruck war die Autobahnfahrt eine völlig entspannte und komfortable Sache.
Kommentare
Meine Erfahrung: sehr gut für Rad und sehr gut für Kfz und mangelhaft für Bahn.
Insbesondere die Kombination Bahn und Rad ist die mit Abstand schlimmstmögliche und kaum noch zu kalkulieren.
Leider wird sich daran auch nichts ändern. Wohl dem, der sich sein Auto noch leisten kann.
Die derzeit steigenden Mittel, die in die Bahninfrastruktur fließen, dienen vor allem dazu, die marode Infrastruktur zu erhalten und den Raubbau an der Infrastruktur etwas zu mildern. Wollte man nur 10% der Verkehrsleistung der Kfz auf den ÖPNV verlagern, müsste man dort die Verkehrsleistung verdoppeln. Dazu besteht nicht der Hauch einer Chance, auch wenn uns das durch die Politik immer wieder suggeriert wird.
Schauen wir uns doch nur das Drama um die Gäubahn an. Jetzt wird sie auch noch von Stuttgart abgehängt und derzeit ist mit Schienenersatzverkehr eh alles jenseits von Gut und Böse.
Mit einem seit Jahren tätigen grünen Verkehrsminister schaffen wir dort nicht mehr als eine einstellige Kilometerzahl an Ausweichgleisen und diese Strecke war bis nach dem 2.WK noch zweigleisig.
In Stuttgart selbst hat man die Kapazität der Bahn mit dem neuen Bahnhof fixiert. Man hat schnellere Verbindungen geschaffen aber wie soll man jetzt jemals weitere Gleise für einen Ausbau installieren? Es ist nun oberirdisch alles zugebaut. Jede Erweiterungen würde Jahrzehnte dauern und Milliarden kosten.
In anderen Städten ist es nicht anders. In München verdoppeln sich gerade die Milliardenkosten für die zweite S-Bahn Stammstrecke und die Fertigstellung verschiebt sich auf 2037: Zeit.de.
Nicht umsonst sind wir Anhänger der Haustür zu Haustür Lösung, aber immer möchte man das nicht und auch wir benutzen immer wieder mal die Bahn. Am meisten stören dabei die ständig wechselnde Angebote und Möglichkeiten der Buchung. Was in dem einem Jahr noch ohne Probleme funktioniert hat, wird bereits im nächsten Jahr zum Problem. Konnte man 2018 innerhalb der SBB App (Schweizer Bundesbahn) noch problemlos eine notwendige Reservierung für einen Fahrradplatz in den Fernreisezügen buchen, geht das in der Zwischenzeit nicht mehr. Wirklich strange, man konnte damals tatsächlich ohne eine Gebühr einen Fahrradplatz buchen. Also wir haben tatsächlich zuerst die Fahrradplätze gebucht und hinterher erst die notwendige Fahrkarte gebucht.
Ist nur ein Beispiel aber doch exemplarisch, bis heute geht es nicht Stellpätze im DB Navigator zu buchen, auf der Homepage geht es wiederum. Aber vielleicht ändert sich das ja schon bald wieder. Aber wir haben dieses Jahr auch schon positive Beispiele erlebt, die Gewichtheberübung, um das Fahrrad aufzuhängen, wurde uns auf unserer Reise nach Italien und zurück tatsächlich erspart. Es gab sehr angenehme Lösungen.
Natürlich nicht selbstverständlich, aber ich kann auch nicht immer erst eine Probereise machen um zu erfahren was mich erwartet und ob ich überhaupt wieder zurück komme.
Sind vor zwei Wochen zu zweit mit Rädern und fahrradüblichem Gepäck mit der Bahn von Kassel nach Kufstein (ca. 600km, zwei Umstiege). Es entsprach alles unseren Erwartungen: alle drei Züge mit Verspätung, einer (Nahverkehrszug) zum Bersten voll, Reisezeit neun Stunden. Randnotiz: beim „Abstellen“ der Räder im Radabteil eines ICE ist es von Vorteil, wenn man zu zweit ist und wenn eventuell einer von beiden über Resilienz verfügt. Ziel der Fahrradunterbringung ist wohl, dass sie schlecht funktionieren soll. Das klappt.
Stressfrei ist das alles nicht, besonders wenn mehrfaches Umsteigen mit im Spiel ist, da ist es ratsam ausreichend Pufferzeit einplanen. Der Vorteil, wenn man ein paarmal mit Bahn und Rad gereist ist: man erwartet nicht, dass alles normal läuft und ist vorbereitet. Man freut sich, wenn doch mal alles glatt geht. Und steht dann beim nächsten Mal wieder am Start. Kneifen gilt nicht. Eine Frage aber bleibt: wird sich das alles jemals ändern?
Das Verrückte ist: Anfang der 90er, also noch vor dem missglückten Börsengang, hat die Fahrradmitnahme sogar nach “Neufünfland” schon brauchbar funktioniert, damals u.a. im InterRegio. Leider alles kaputtgespart. Kann einem als Fan dieser Mobilitätsform fast körperlich weh tun…
Meine Begeisterung zu diesem Thema hält sich noch immer in sehr engen Grenzen. Besonders das Thema was im letzten Jahr noch funktionierte, geht dieses Jahr nicht mehr, wird immer wieder zu einer Herausforderung.
Ich erinnere mich da an unsere letzte Reise im Frühjahr 2024 nach Italien, via Mailand nach Brescia. Selbst an einem Schalter der SBB war man nicht in der Lage uns ein Ticket für uns und die Fahrradstellplätze zu buchen. Noch nicht einmal für die die Strecke bis nach Mailand. Man hat uns auf die Webseite der Trenitalia verwiesen. Nun gut wir sind offen für alles und haben das auch hin bekommen.
Und da wären wir bereits wieder an dem Punkt, was im letzten Jahr noch funktioniert hat, geht jetzt nicht mehr. Ich probiere das im Vorfeld gerne schon einmal aus. Bei der SBB (Schweizer Bundesbahn) kann man eine Fahrkarte nach Mailand lösen, aber Fahrräder kann man dort noch immer nicht buchen. Nun gut, dann wählen wir halt den Trenitaliaweg. Immerhin das funktioniert noch, letzes Jahr konnte man für die schweizer Strecke noch sein Halbtax (schweizer Bahncard) in Anspruch nehmen, da wären wir wieder an dem Punkt was nicht mehr funktioniert