Mit einem Vorserien-Rahmen haben wir ein fahrbereites Ausstellungsrad gebaut und dabei gleich die Gebrauchstauglichkeit geprüft.
Schließlich ergeben weder aufwändige Details noch bestandene Betriebsfestigkeitsprüfungen automatisch ein stimmiges Ganzes. Das eigentliche Ergebnis lässt sich nur durch erfahren beurteilen.
Wie erwartet und erhofft, gab es bei der Montage keine größeren Hindernisse oder Herausforderungen (außer ein paar dem Vorserienstatus geschuldete Passungstoleranzen…), denn schließlich wurde jedes Detail und dessen Wechselwirkung zuvor sorgfältig durchdacht. Das ist zwar einerseits eine Selbstverständlichkeit, andererseits weiß man ja: Shit happens. Einzig für die Abhängung des Hinterrad-Schutzblechs gilt es, eine weniger improvisierte Lösung zu finden. Schließlich soll auch bei den Pinion-Rädern mit den verschiebbaren Ausfallenden der Abstand zwischen Schutzblech und Reifen möglichst gleichmäßig sein.
Funktion des neuen Ausfallendes
Spannender war allerdings die Funktionalität, also die Gebrauchstauglichkeit der neuen Ausfallenden bei der Montage und bei alltäglichen Servicearbeiten.
Zunächst war unser langjähriger Pulverbeschichter gefordert, denn die innen liegenden Gleitflächen mussten vor der Rahmenbeschichtung präzise abgedeckt werden, damit sie blank bleiben. Wir haben uns nämlich dafür entschieden, die Kontaktflächen zwischen dem festem und dem beweglichen Teil unbeschichtet zu lassen. Denn keine handwerklich aufgebrachte Pulverbeschichtung widersteht der mechanischen Belastung (Bewegung, Flächenpressung) in diesem Bereich auf Dauer.
Bei einer sorgfältigen Ausführung sind die ausgesparten Kontaktstellen von außen nahezu unsichtbar, lediglich an der Trennung für den Riemenantrieb sieht man, dass hier die beiden Kontaktflächen ohne Pulverung sind. Nicht sichtbar bedeutet jedoch nicht, dass hier keine Pflege und Wartung notwendig wäre. Insbesondere Ganzjahresfahrer und Nutzer in Meeresnähe sollten diese Stellen regelmäßig mit Sprühwachs versiegeln und beim jährlichen Generalcheck mit frischem Montagefett versehen.
In der Handhabung erfüllt das neue Ausfallende voll und ganz unsere Erwartungen. Das Verschieben des Hinterrads und das Spannen des Riemens oder der Kette gehen leicht und kontrolliert von der Hand. Mit den Justier- und Spannschrauben lässt sich sowohl bei der klassischen Fahrradkette, als auch beim Riemenantrieb, die korrekte Spannung einstellen und das Hinterrad exakt im Hinterbau ausrichten. Zumindest beim Riemenantrieb ist diese Arbeit nichts für Laien, sondern gehört in die Hände einer entsprechend ausgestatteten Fachwerkstatt. Da der Riemen extrem selten nachgespannt werden muss, ist das jedoch kein Manko für die Alltagspraxis.
Dazu noch ein wichtiger Hinweis für alle, die weniger tief in der Materie drin sind: Beim normalen Aus- und Einbau des Hinterrads (z.B. Transport, Plattfuß) bleibt die richtige Position und Spannung des Riemens (Kette) erhalten und unverändert. Das bedeutet, der Aus- und Einbau des Hinterrads ist sogar vergleichsweise einfach und nutzerfreundlich.
Aufgeräumte Optik mit typischen Velotraum-Fahreigenschaften
Ebenfalls als gelungen empfinden wir das aufgeräumte und zurückhaltende Design der Ausfallenden, trotz der beabsichtigt robusten Ausführung. Es ist fast ein wenig schade, wie vergleichsweise dezent sich die aufwändigen und multifunktionalen Ausfallenden ins fertige Fahrrad integrieren.
Fahren tut sich der neue »cross 7005 Pinion« im Prinzip wie das Vorgängermodell: präzise, agil, steif, und souverän. Es wäre geradezu töricht, an diesen unisono von Kunden und Fachpresse — RADtouren 1/2015, Trekkingbike 2/2015, Aktiv Radfahren 3/2015 — immer wieder gelobten Fahreigenschaften etwas zu ändern.
Geändert haben wir nur eins: Es gibt statt drei Rahmengrößen nun vier. Dazugekommen ist die Größe »XXL«. Der Liefertermin für die Serienrahmen: Anfang August.
Kommentare
Hallo Veloträumer,
irgendwo habe ich hier gelesen, dass Pinion das Fahrer-Maximalgewicht, inkl. Rucksack auf 110 kg begrenzt. Wie ist denn hier der aktuelle Status?
Danke für Ihre Info
Grüße
RD
Hallo RD,
auf pinion.eu finde ich kein Gewichtslimit sondern nur ein maximales Drehmoment von 250Nm. Bei 175mm Kurbellänge und 9,81m/s/s Erdbeschleunigung ergibt das 146kg erlaubte Gewichtskraft auf der Pedale.
Wenn der Radfahrer noch am Lenker zieht oder dynamisch in die Pedale springt, dann kann er eventuell auch etwas mehr als das eigene Körpergewicht auf die Pedale bringen. Die genannten 110kg kommen schon ganz gut hin. Das Gewichtslimit von 110kg steht hier auf der Velotraum-Internetseite, und 160kg Systemgewicht für die bisherige Version mit Kettenspanner.
Gruß Ralf
@RD,
ich bin etwas überrascht, die Angabe zum maximalen Körpergewicht nicht mehr bei Pinion zu finden. Die maximale Drehmomentangabe ist mir neu und leider noch weniger praxistauglich, als das maximale Körpergewicht…
Beispielhaft zeigt die Fragestellung das Dilemma auf, wie man Belastungen fürs Fahrrad definieren und sinnvoll limitieren kann. Denn ein 110 Kilogramm Coach Potato wird die 250 Nm wahrscheinlich nie erreichen, während ein 110 Kilogramm Kraftsportler da schon mal drüber kommt, wenn er aus dem Sattel geht und einen Zwischensprint anzieht…
@ Ralf,
danke fürs Durchrechnen.
Hallo Herr Stiener,
Pinion hat mir auf Rückfrage die 110 kg Gesamtgewicht am 04.05.2015 bestätigt. Mag sein, dass sich hier zwischenzeitlich Veränderungen ergeben haben. Bin selbst 187 cm groß und wiege brutto 105 – 108 kg, also nahe an der sog. Belastungsgrenze. Deshalb bin ich hier etwas skeptisch. Habe eigentlich noch von keinem Schaltungs-Hersteller eine derartige Gewichtsobergrenze gelesen. Wäre schön, wenn sich das klären ließe.
Viel Erfolg weiterhin und danke für die Mühe. Velotraum ist auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Weiter so.
Grüße
RD
Hallo Allerseits,
diese Einschränkungen waren – plus der höhere Preis – für mich der Grund auf “alte” Technik aus Kassel zu gehen. Wobei ich die Vorsicht verstehen kann, da bei anderen Getriebeschaltungen halt immer noch eine kette zwischen ist und der Nutzer die Kraft nicht direkt ins Getriebe einleitet.
Rein technisch lässt sich Pinion ein sehr schönes S-Pedelec basteln. Nur leider sind die rechtlichen Einschränkungen dann so groß, dass das technisch mögliche Schnellpendelrad leider nicht mehr lohnt
Grüße Stefan
Sehr geehrter Herr Stiener, sehr geehrtes Velotraum-Team,
haben Sie bei der Entwicklung der neuen Ausfallenden auch an eine Steckachsen-Option gedacht? Oder bringen Steckachsen fürs Hinterrad keinen Vorteil?
Und wie sieht es mit einer Steckachsenversion für eine Vorderradgabel aus?
Vielen Dank im Voraus.
MfG H. Adrian
@ H. Adrian,
wir haben die Steckachsen-Option erwogen und intensiv geprüft, sind aber einmal mehr zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Prinzip für Velotraum-Räder am Hinterrad und Vorderrad keine Vorteile bringt, die Flexibilität (Auswahl an Naben, Nabensicherung mit Pitlock) einschränkt und den Aufwand sowie die Kosten unnötig in die Höhe treibt. Lediglich bei langhubigen Federgabeln macht sich die höhere Verwindungssteifigkeit tatsächlich bemerkbar. Die Steckachse ist und bleibt also eher ein Merkmal für reine Sporträder.
Für jedes Getriebe gibt es Grenzen; für Pinion, Rohloff und alles andere, einschließlich Kettenschaltungen usw.. Diese anzugeben ist nicht falsch. Rohloff gibt sie auch an (über die zulässigen Übersetzungeverhältnisse indirekt zwar, aber so eben auch). Die Kette selbst ist kein “entschärfendes Merkmal”, sondern bei Hinterradschaltungen ist es das vorhandene Übersetungsverhältnis von Kettenblatt zu Ritzel hinten; so wird auch das jeweilige Eingangsdrehmoment übersetzt. Dementsprechend darf eine Rohloff eine niedrigere Drehmomentgrenze aufweisen, als eine Pinion (ca. 1/3 nur). Deshalb kann eine Rohloff auch “leichter gebaut” werden, als eine Pinion, bei sonst vergleichbaren Leistungsdaten. Dazu kann man noch viel sagen … Generell ist die Aussage richtig, dass sich bei der Wahl einer Highend-Lösung (hier zwischen Pinion und Rohloff), die Rohloff in ihren Gesamteigenschaften von der Pinion positiv absetzt (bezogen auf ihre Konstruktion, praktische Nutzbarkeit, Kosten, Gewicht und Erfahrung mit ihrer Haltbarkeit/Robustheit). Groß sind die Unterschiede allerdings nicht. Außerdem sind weitertreibende Innovationen immer gut für den Stand der Technik. Ich bin kein Rohloff-Lobbyist, aber was wahr ist muß wahr bleiben. Schöne Grüße…
Muss das mal kurz loswerden hier: Drehmoment ist völlig unabhängig vom Fahrergewicht!
Drehmoment M (in Newtonmeter [Nm]) ist Kraft F (aus [kg] umgerechnet in [N]) mal den Abstand a vom Drehpunkt (in Meter [m]) —> M = F * a —> Nm = N * m
die Kraft F bekommt man mit F = m * g; wobei m die Masse in [kg] ist und g die Erdbeschleunigung 9,81m/s²
Also mal ein Beispiel:
Kurbellänge a = 0,175m
Fahrergewicht 110kg —> F = m * g —> F = 110 * 9,81 —> F = 1079,1 N
Drehmoment M = F * a = 1079,1N * 0,175m = 188,8Nm !!!!
Ergo kommt man mit 110kg und maximalem Einsatz auf über 180Nm Drehmoment.
Rückwerts darf man bei maximalen 250Nm also (wie bereits oben richtig geschrieben) maximal 146kg wiegen.
Also JA, es macht Sinn NUR das maximalen Drehmoment und NICHT das Körpergewicht anzugeben. Wenn ich mir jetzt einfach ne kürzere Kurbel drauf packe, dann darf ich z.B. bei ner 165er mit 155kg reintreten.
Jetzt ist die Argumentation wieder auf Bodenhöhe ;-)
Gruß Roland
Ansonsten…geiles Konzept! Weitermachen :-D
In der online-Zeitschrift fahrradzukunft findet sich ein interessanter Beitrag zum Wirkungsgrad von Pinion.
In Ergänzung zu 10. Berthold:
Autor:
Andreas Oehler (42) arbeitet als Maschinenbauingenieur beim Fahrradbeleuchtungshersteller Schmidt Maschinenbau.
Hier lang bitte zur Fahrradzukunft.
Fazit:
Meinen Messungen nach liegt die Pinion P1.18 beim Wirkungsgrad etwas hinter der Rohloff Speedhub – insbesondere in den hohen Gängen und bei niedriger Last. Kräftige Reiseradler profitieren bei dann ähnlichem Wirkungsgrad vom deutlich breiteren Übersetzungsbereich und den kleineren Gangsprüngen. . .
Ich find das Pinion-Getriebe sehr interessant. Mag sein, das es im Wirkungsgrad ein paar Prozent schlechter ist als Rohloff, aber es ermöglicht meiner Meinung nach als einziges Getriebe das perfekte Multifunktions-Bike mit vertretbaren Aufwand: Man könnte mit einem entsprechend gut gestaltetem Rahmen und 3 unterschiedlichen Laufradsätzen fast Alles abdecken: 1)Alltagsrad mit einem asphaltgeeignetem Laufrad gemäßigter Breite. 2)Trekkingrad mit einem für leichtes Gelände angepassten Laufradsatz. 3)Dirtbike für schweres Gelände und/oder Schnee, Sand etc. durch Laufradsatz 650 B+. Das Umstecken der Laufräder wäre vom Montageaufwand vertretbar, da am Hinterrad nur die Kette aufgelegt werden muss und keine Schaltungsseile und/oder Schaltwerke neu zu montieren/justieren wären. Die Scheibenbremsausstattung vereinfacht den Radwechsel ohnehin. Weil das Hinterrad nur ein Ritzel hat (welches natürlich an den Einsatzzweck angepasst sein sollte), wäre der finanzielle Aufwand für 3 unterschiedliche Laufradsätze erheblich geringer als z.B. bei Verwendung der Rohloff-Speedhub (oder bekommt man beim Kauf von 3 Rohloffnaben Mengenrabatt?).
Leider schleift die Bremse fast unter Garantie bei Wechsel der LRS untereinander. Dass ist bedingt durch Toleranzen in der Fertigung an der Nabe. Weiterhin machen auch unterschiedlich abgefahrene – und damit unterschiedlich dicke – Bremsscheiben Probleme mit der Passgenauigkeit. Am ehesten würde dass noch mit einer Shimano Bremse gehen, da hier der Lüftspalt zwischen Scheibe und Belag am Größten ist. Mit ner aktuellen Magura MT5 würde ich dass nicht mal probieren. Lüftspalt: 0,1 mm.
Die drei LRS würde ich auf 2 eindampfen. Für 1.) und 2.) einfach Conti Race King 2.2 Protection BCC verwenden. Nr 3.) hat sicherlich Grip en masse. Wie oft wird man den aber echt benötigen? Letztlich wohl individuell. Leider wird oft vergessen, dass unterschiedliche Anwendungsgebiete am Radl auch unterschiedliche Geometrien bedürfen. Weiss nicht ob eine für “Dirtbike für schweres Gelände und/oder Schnee, Sand etc.” geeignete Geometrie sich so gut zum Kilometer fressen auf Asphalt eignet? Meine eigene Erfahrung als Radler ist ja eher, dass sich die Eierlegendewollmilchsau Konzepte, also ein Generalist für alles, nicht eignen, da man sich zuviele Nachteile einkauft.
Besser ist es 2-3 Räder für die entsprechenden Nutzungsgebiete vorzuhalten. Die braucht man doch eh, denn wer will schon permanent sein +4k € Rad in der Stadt stehen lassen oder im Winter dass Rad vom aggressiven Streusalz zerstören lassen?
Warum man für ein Multifunktionsbike ein Pinion Getriebe brauchen sollte erschließt sich mir nicht. Dass geht problemlos mit Rohloff. Und auch für kleinstes Geld mit Shimano Kettenschaltung. Dass hat doch nichts mit der Art des verwendeten Getriebes zu tun, ob dass nun offen oder geschlossen ist. Die Entfaltungsbreite ist doch bei allen ähnlich. Ein Fahrrad sollte man besser vom Ganzen her denken.
Was ist ein “Multifunktions Bike”? Für mich: Im Endeffekt ein Touren-MTB mit Schutzblechen / Träger / evtl. Licht. So wie sie Vetotraum schon seit +10 Jahren verkauft. Ob nun 26 – 27.5 – 28/29 ist m.M.n nicht so wichtig, aber jeden dass seine. Ich fahre ja selber auch ein 26 Zoll Rad nach einem Vetotraum sehr ähnlichen Konzept. Mein 28er habe ich verkauft, einfach weil Reifen unter 50mm Breite am Fahrrad nix taugen. War ein 37-622 Randonneur.
@stebe und @ Florian:
Mit dem folgenden Vorgehen habe ich gute Erfahrungen gemacht bei der Verwendung von zwei Laufradsätzen in einem Fahrrad mit Scheibenbremsen:
1. Naben mit 6-Loch-Bremsscheibenbefestigungen verwenden.
2. Die Bremssättel auf die Naben einstellen, bei denen die Bremsscheiben weiter außen liegen.
3. Mit Zwischenlegscheiben, zum Beispiel Syntace Disc Shims, die Bremsscheiben bei den Naben, bei denen sie weiter innen liegen, nach außen rücken. Die Positionen der Bremsscheiben bei den Laufradsätzen sind dann praktisch identisch.
4. Falls unterschiedlich stark abgenutzte Bremsscheiben ein Problem sein sollten (das bei mir bisher kaum jemals auftrat): Vor dem Einsetzen des Laufradsatzes mit den dickeren Bremsscheiben die Bremsbeläge mit einem Kunststoffkeil auseinanderdrücken. Ein solcher lag den Bremsen bereits bei oder ist für einige Cent erhältlich. Nach dem Einsetzen des Laufradsatzes an den Bremshebeln ziehen, so dass sich die Bremsbeläge auf die neue Dicke der Scheiben einstellen. An diese Vorgänge hat man sich schnell gewöhnt, so dass sie leicht von der Hand gehen und nur einige Sekunden Zeit beim Wechsel des Laufradsatzes kosten.
Weitere Anmerkungen: Auch ich finde mitunter mehrere Laufradsätze praktisch, zum Beispiel um im Winter bei wechselnden Witterungsbedingungen zwischen Standardbereifung und Spikereifen zu wechseln. Hätte man ein Velotraum-Pinion-Rad, so hätte der Vorschlag mit den verschiedenen Ritzelgößen den Nachteil, dass beim Laufradsatzwechsel die Kettenlänge angepasst werden müsste, zum Beispiel durch Kettenwechsel bei einem Rahmen mit teilbarem Ausfallende. Das wäre mir persönlich zu viel Aufwand und aufgrund der Bandbreite der 18-Gang-Pinion-Schaltung meiner Einschätzung nach nicht notwendig.
Frage: Ist ein Pinion-Fahrrad mit zwei Laufradsätzen wirklich viel günstiger als ein Rad mit Rohloff Speedhub und zwei Laufradsätzen? Zumal für den zweiten Laufradsatz vielleicht ja auch eine gebrauchte Speedhub ausreichen könnte.