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Ein Selbstversuch: 2.000 Höhenmeter – 96 Kilometer – 130 Kilogramm

Wie oft kreisen die Beratungsgespräche mit unseren Kunden um die zu erwartende Reichweite eines Pedelecs. Die Hersteller werben unisono mit Fantasiewerten und wir stapeln lieber tief …

Angeregt durch den unlängst in der FAZ erschienenen Erfahrungsbericht, wollte der Chronist ausprobieren, wo die eigenen Möglichkeiten und Grenzen mit einem inzwischen zwei Jahre alten FD2E liegen.

Konkret: Lässt sich damit eine richtig stramme Nordschwarzwaldtour bewältigen, welche ich mir vor 30 Jahren auch nur in absoluter Topform angetan habe?

Stramm meint in diesem Zusammenhang eine Strecke quer zum Nagold- und Enztal bis hinauf zu den Aussichtshöhen auf 1.000 Meter. Die mal geschwind in Mapout gezeichnete Route war knapp 100 Kilometer lang und sammelte dabei fast 2.000 Höhenmeter – sapperlot … Da mein Akku inzwischen zwei Jahre alt ist und Sommer wie Winter gefordert aber nicht sonderlich akkufreundlich geladen wird, war klar: entweder nachladen oder mit Zweitakku losziehen. Aus Zeitgründen – schließlich wollte ich nach sechs Stunden wieder Zuhause sein – entschied ich mich dafür, den Akku meiner Frau Patricia auszuleihen. Der ist zwar schon zweieinhalb Jahre alt, hat aber etwas weniger Kilometer auf dem Buckel.

Fotostrecke

Die erste Steigung von Bad Liebenzell nach Bieselsberg. Bis zum »Rattenloch« komod, danach wird's steil und grob …
… die Steintafeln von Bieselberg – eine wilde Mischung aus Naturwissenschaft und religiösen Botschaften …
… 300 Höhenmeter tiefer, das Enztal bei Calmbach – die sonntägliche Blechlawine rollt …
… Calmbach altes Sägewerk …
… Höfen – mit Blumenschmuck gegen die Blechlawine (bis zu 20.000 Fahrzeuge/T) …
… kurz vor dem Eyachtal noch vier Ladebalken …
… 360 Höhenmeter weiter oben, der Aussichtsturm von Dobel …
… ohne Worte – fotografischer Beifang …
… bzw. nach Dobel fährt man nicht wegen des Stadtbilds oder der Architektur, sondern wegen der Natur und Fernsicht …
… Ausblicke auf dem auf dem stetig ansteigenden Schwarzwaldradweg …
… noch schönere Ausblicke hat der Hahnenfaltweg zu bieten, der etwas weiter oben verläuft …
… Game over – ohne Zweitakku wäre die Tour nach 45 Kilometer zu Ende gewesen …
… Erschließungsoverkill unweit von Kaltenbronn und dem Wildsee …
… in Richtung Grünhütte, schnell habe ich diese Sonntagsausflug-Rennmeile wieder verlassen …
… 450 Höhenmeter tiefer der wunderschöne Kurpark von Bad Wildbad, als Radler wird man allerdings drumherum geleitet …
… prachtvolles Erbe aus glorreicher Kurstadtvergangenheit, dass alte Radhaus von Wildbad …
… vorletzter Anstieg das Würzbachtal hinauf, an der Forellenzucht gibt es erstklassigen toten Fisch …
… wieder auf 700 Meter Höhe …
… das Ziel vor Augen – auf der anderen Nagold-Talseite ist der UMTS-Sendemast zu sehen, über den etwas später die Fotos auf die VT-Homepage geladen werden …

Erkenntnisse

Schon auf meiner Alltagsstrecke – der überwiegende Einsatzbereich meines FD2E – war mir aufgefallen: Nach zweimal Hin und Her (60 Kilometer), muss ich inzwischen aufladen, wenngleich der Akku noch nicht völlig leer gefahren ist.

Obwohl ich auf meiner Schwarzwaldtour ausschließlich den Ecomodus benutzt habe, war der Akku nach 45 Kilometer und 1.200 Höhenmeter leer. Da es kräftig hoch ging, war der Übergang von Rot (Reserve) auf leer ziemlich abrupt – man erschrickt regelrecht. Ich hatte, trotz der Topografie und des Untergrunds, auf etwas mehr Reichweite* gehofft. Klar, ich bin flott gefahren – da liefert auch der Ecomodus meistens 100 Watt) – und 133 Kilogramm Systemgewicht sind auch kein Pappenstiel.

(*) Die aktuelle Auswertung meines Akkus erbrachte dann Überraschendes: 8.996 Kilometer, 105 Ladezyklen und eine verbleibende Akkukapazität von 88 Prozent errechnete das System – geschätzt habe ich zwischen 75 und 80 Prozent … Ob nun mein Gefühl oder der errechnete Shimano-Wert stimmt, bleibt vorerst ein Geheimnis ;-)

Jetzt spielte die Zweitakku-Strategie ihre Stärke aus: Kurzerhand den vollen Wechselakku aus der Tasche geholt, und schon prangen wieder fünf volle Ladebalken im Display. Hätte ich mich für das Nachladen entschieden, wäre in Dobel bereits eine (Zwangs)Pause notwendig gewesen.

Apropos nachladen: Hinweise auf öffentliche Pedelec-Ladestationen habe ich auf meiner Tour nirgends entdecken können. Sprich: Aufladen bedeutet immer auch Einkehren … So wünschenswert eine Ladeinfrastruktur auch wäre, im Moment sind »Pedelec-Overlander« im Nordschwarzwald eher selten. Zwar sind mir viele andere Pedelecfahrer in den Tälern und auf den Höhenzügen begegnet, allerdings waren die Räder zu staubfrei und sauber für eine längere Tour ;-)
Dagegen sah ich auf den Wanderparkplätzen viele mit Fahrrad-Heckträgern bestückte Autos stehen. Im Moment wird also auch das Pedelec – wie zuvor schon das Fahrrad – auf den Heckträger gepackt, und die größte Strecke fährt das Auto und nicht das Pedelec. So zumindest mein Eindruck an diesem herrlichen Sonntag.

Bis Bad Wildbad ging es überwiegend bergab und so zeigte der Zweitakku zur Kaffeepause immer noch fünf Balken. Eine beruhigende Reserve, schließlich lagen noch zwei weitere Talanstiege und einige Wellen vor mir. Mit zwei Balken Reserve erreichte ich schließlich mein Ziel, da wäre doch glatt noch eine weitere Schleife drin gewesen ;-)

Resümee und Kennzahlen

Es ist schon immer wieder sehr eindrucksvoll, welche Touren man mit einem Pedelec (wieder) machen kann. Nach sechs Stunden war ich wieder am Schreibtisch zum Bilder sichten, zwar rechtschaffen müde aber nicht erschöpft. Auch die nicht mehr jungfräulichen Knie sowie der zickige Rücken hatten die Tour gut überstanden. Meine Fitnessuhr wies einen zusätzlichen Kalorienverbrauch von 3.392 Kalorien aus, das zeigt eindrucksvoll: Auch Pedelecfahren fordert und fördert ;-)

Die »Unterstützung« hat allerdings auch ihren Preis. Bereits nach zwei Jahren ist die Akkukapazität und somit Reichweite etwas eingeschränkt. Touren und Pausen müssen wesentlich genauer geplant werden oder kostspielige Zweitakkus angeschafft und mitgeschleppt werden. Dabei ist für so stramme Tagestouren ein Zweitakku sicherlich eine feine Sache. Allerdings sollte jeder selbst abwägen, ob es ihm das wert ist. Schließlich sind die Dinger sehr teuer und alles andere als Ressourcen-schonend in der Herstellung. Bei Mehrtagestouren muss neben dem Zweitakku noch ein Lagegerät mitgeschleppt werden, das füllt dann fast schon eine kleine Ortliebtasche.

Zur Reichweitenvergrößerung stehen bei dem getesteten Setup zwei Möglichkeiten im Raum: Gewicht reduzieren (das größte Potential hat dabei der Fahrer); langsamer fahren und den Ecomodus auf maximal 50 Watt beschränken …

Daten & Fakten

  1. Systemgewicht: 133 Kilogramm (Fahrer, Fahrrad, Gepäck)
  2. Durchschnittsgeschwindigkeit: 20,5 km/h (mit Fotostops usw.)
  3. Höhendifferenz: 1.988 Höhenmeter
  4. Distanz: 96,3 Kilometer
  5. Untergrund: 70 % Schotter, 30 % Asphalt
  6. Temperatur: 22–26 Grad

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