Mit der menschlichen Erinnerung respektive dem Zeitempfinden ist das so eine Sache, quasi ein weites Feld.

Unser Oberstübchen hat bei der »Ablage« sein eigenes System, so dass Erinnerung und Fakten mitunter weit auseinander liegen – auch bei den diversen Aspekten der Fahrradnutzung, wie zum Beispiel Fahrradalter, Kilometerleistung, letzter Kundendienst usw.
Mehr dem Zufall geschuldet war daher die Entdeckung, dass ich mit dem EP8-System nun auch schon wieder deutlich über 10.000 Kilometer gesammelt habe. Gefühlt hätte ich gesagt, dass der Motor erst kürzlich eingebaut worden war – typische Wahrnehmung von einem Bewohner des Hamsterrads ;-)
Wie gut, dass der Velotraum-Blog da wesentlich objektiver ist: Vom 18. Dezember 2020 datiert folgender Artikel: Shimano EP8 – Nach Fehlstart aufs »Siegerpodest«. Seit »kürzlich« sind also knapp 20 Monate vergangen – Tempi passati.
Angesichts der 10.000-Marke war mein erster Impuls nicht Freude, Stolz oder gar Euphorie, sondern mehr ein inneres Achselzucken und Abhaken – ist doch nur ein Zahl. Daher hat es ein paar weitere hundert Kilometer gebraucht, bis die Einsicht heranreifte, dass es doch von Interesse sein könnte, an die erste 10.000-Kilometer-Geschichte anzuknüpfen.

Was den Shimano Steps-Antrieb angeht, kann ich mich dabei ziemlich kurz fassen: Das ganze System läuft wie am Schnürchen, und es gab nicht mal einen kleinen Aussetzer. Wie am ersten Tag erfreue ich mich an der gelungenen Kybernetik, die meinem Empfinden nach so nur das Shimano EP8-System bietet. Damit gemeint ist das fahrradspezifische Fahrgefühl, das zentraler Bestandteil unser Pedelec-Philosophie ist.
Natürlich kann man auch mit einem Velotraum-Pedelec als Radfahrer-Karikatur unterwegs sein. Damit ist gemeint: Sattel zehn Zentimeter zu tief, Fußmitte auf dem Pedal, Zeitlupen-Trittfrequenz, Katzenbuckelhaltung, aber maximale Unterstützungstufe … Kann man so handhaben, freilich ist damit das eigentliche Potential unserer Pedelecs verschenkt.
Damit wird auch klar, dass es beim Pedelec eigentlich um mehr gehen sollte, als um Drehmoment und Akkukapazität. Zur technischen und ergonomischen Passform gesellt sich noch die kybernetische Komponente, bei der Mensch und Maschine harmonisch interagieren. Nach unserem Dafürhalten bleibt der Mensch dabei der Taktgeber, weshalb wir auch keine Freunde von automatischen Schaltungen und dergleichen sind.
Wenn dann wie beim EP8-Antrieb alles völlig zuverlässig und selbstverständlich funktioniert, egal ob Hitze und Staub oder Frost und Streusalz, darf man schon von einem sehr gelungenen Produkt sprechen. Wäre das Leben ein Wunschkonzert, würde ich mir noch weniger Motorengeräusche wünschen, und auch auf das gelegentliche Klacken des Freilaufs könnte ich gut verzichten. Lästig sind auch die (fahrradtypischen) Setzungsknackgeräusche*, die je nach Witterung so alle 5.000 Kilometer auftauchen. Für den einen oder anderen Kunden würde ich mir eine permanente Anzeige der Trittfrequenz mit Warndreieck wünschen, sobald die Trittfrequenz unter 60 Kurbelumdrehungen pro Minute absackt. Das tut weder dem Menschen noch dem Maschinchen gut. Und als allerletzten Wunsch wäre da noch eine einfach aufzurufende Funktion, die da lautet: Maximale Reichweite ;-)
Diese Wünsche sind bereits an die uns zur Verfügung stehenden Stellen bei Shimano kommuniziert, freilich ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Japan ankommen, äußerst gering. Damit wären wir dann tatsächlich beim aller-allerletzten Wunsch an Shimano angelangt: Mehr Augenhöhe – dabei kommt mir ein schlechter Ameisenwitz in den Sinn: Würg’ ihn, Emil würg’ ihn ;-)
Vom Großen und Ganzen
Doch zurück zum Positiven. Wenn das Fahrrad mehr sein darf als ein feines Spielzeug und Freizeitgerät, verschieben sich die Anforderungen und Vorstellungen an das Fahrrad im Allgemeinem und das Pedelec im Speziellen. Statt einer Fülle von Gimmicks zählen Funktionalität, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. Obwohl Shimano mit dem EP8 in erster Linie den Freizeitbereich (E-MTB) im Blick hat, entfaltet der EP8 auch im Nutzradbereich seine Qualitäten. Inzwischen gibt es gar eine Lastenrad-Variante. Dabei gehört der EP800-Motor zu den kleinsten und leichtesten Motoren am Markt!
Letztendlich ist immer wieder das Ziel ein umfassend gutes und passendes Produkt (»Qualität ist, was der Kunde braucht und möchte«), das möglichst viel und lange im Einsatz ist – im Idealfall nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Alltag. In meinem Fall sind die meisten Kilometer auf alltäglichen Wegen zustande gekommen. Man stelle sich einmal vor, die Mehrheit der Erste-Welt-Bewohner (wobei man sich gelegentlich die Frage aufdrängt: gehören wir da noch dazu …) würde respektive könnte das machen – also einen signifikanten Anteil der Mobilität mit einem Fahrrad oder Pedelec zurücklegen. Selbstwirksamkeit, die mehr Spaß macht, und sehr wahrscheinlich auch mehr bewirkt als die Tipps unserer gewählten Volksvertreter: Katzenwäsche mit dem Waschlappen und bibbern unter der kalten Dusche. Ein Pedelec vom Schlage eines E-Finders senkt dabei die Innerer-Schweinehund-Hürden und transformiert mit jedem Kilometer eine stattliche Ausgabe in eine phantastische Investition ;-)
- (*) Setzungsknackgeräusche – hier täuschte sich der Chronist gewaltig, dazu aber später in einem eigenen Artikel mehr.
Kommentare
Mir fällt so viel ein und ich schmunzle arg bei diesen Zeilen. Eben habe ich meine Herbstreise mit dem E-Finder hinter mir und wieder einmal habe ich die Tage mit meinem Velo“traum” genossen. Freilich sind wir häufig von Pedelecs überholt worden, die dem oben beschriebenen Bild genau entsprechen. Aber ich versuche das inzwischen positiv zu sehen. Auch diese Menschen fahren nicht Auto.
Auch wenn ich an allzu große Veränderungen zu mehr Klimaneutralität, Nachhaltigkeit etc. nicht so recht glauben kann. Zu wenige Menschen sind zu den notwendigen Schritten bereit.
Und ja, auch der E8000, ist mir noch zu laut und Reichweite wäre schon was. Auch wenn ich die durchschnittlich 500 Hm/85 km im Mix Eco/Trail bei ca. 70/30 absolviere und dann noch Reserven habe.
Ich war auf der Messe in Frankfurt und habe mich nur schwer an die traurige Hochhaus Kulisse gewöhnen können.
Ich fahre den shimano E8000, leider nicht in einem velotraum. Das Gewicht ist mit etwa 23 kg rel. leicht. Der Antrieb ist gut, jedoch ein Antrieb wie fazua ist noch einmal eine andere Klasse. Vor allem wenn es über 25 km/h geht. Es ist kein Widerstand spürbar. Auch das Geräuschverhalten sehr gut. Optisch Klassenbester. Mit einer Nabenschaltung wie 3×3.bike vielleicht. Und der (Kommunikations-)Weg von Weil der Stadt nach Ottobrunn könnte im Fall der Fälle per bike oder pedes zurückgelegt werden. :-)
Fazua? Der Velotraum-Philosophie wie auf den Leib geschneidert. Ride 50 vielleicht sogar noch eher als Fahrt 60. Denkt an Eure Gene und somit an die Zukunft. Velotraum lebt von Natürlichkeit, Analogie und Unverfälschtheit. Jeder künftige Weg von Bosch und auch Shimano führt, so meine ich, in die Irre. Allerdings unterstelle ich den Boschs sowie Shimanos nicht die Naivität, das nicht selbst erkannt zu haben. Mal sehen. Aber Ihr müsst entscheiden und zwar ziemlich bald. Ansicht eines stets interessierten jedoch Nichtinhabers eines Velotraums …
Beim wöchentlichen Blick in den Blog hier, finde ich einen Kommentar beim Vorläuferbeitrag. Gerade heute bin ich beim Radeln auf Arbeit wieder so glücklich mit meinem E-Finder/Elektriker der 1. Generation. Wie ich schon einmal schrieb, bleibt meine jährliche Fahrleistung ziemlich konstant (2.500 bis 3.000 km). Das Rad wird nahezu täglich genutzt und begleitet mich auch auf mehrtägigen Radtouren mit Familie und Freunden. Gestern habe ich wieder einmal eine Wartung gemacht. Dichtmilch wechseln, Ritzel, Umlenkröllchen, Kette und Bremse reinigen. Das fühlt sich heute so gut an. Nach fast sechs Jahren hat der Akku noch eine Kapazität von 79 % bei 113 vollständigen Ladezyklen. Das scheint sich im Rahmen dessen zu bewegen, was erwartbar war. Bis jetzt reicht mir bei Radtouren diese Kapazität, auch wenn es dabei nicht sonderlich hüglig werden darf. Leider ist es wohl technisch noch nicht möglich, bei gleicher Gehäusegröße eine höhere Kapazität der Zellen zu verbauen.